ERSTER AUFZUG
(Halle
im Palast Salomons. Zwei Prachtpfeiler teilen
den
Hintergrund in drei Bogen, die kleineren führen
in
Säulengänge Von der Höhe der Bühne, auf beiden
Seiten
im Hintergrunde herab ühren breite Treppen
mit
Teppichen belegt, am Fuße der Treppen goldene
Löwen,
links und rechts Türen aus Ebenholz und Gold.
Links
im Vordergrunde der Löwenthron. Das Ganze
bietet
den Anblick der höchsten Pracht. Über die
Treppen
herab steigen von der linken Seite die Frauen
Salomons
in festlichen Gewändern, verschleiert
Sklavinnen
mit Pauken, Harfen und Triangeln folgen.
Von
der rechten Seite folgen die Töchter Jerusalems,
Mägde
mit goldenen Blumenkörben begleiten sie.
Rechts
im Vordergrunde steht Baal-Haanan von
Leibwachen
umgeben. Die Türen von Leibwachen
besetzt.
Rechts und links vom Zuschauer aus
angenommen)
(Der
Vorhang öffnet sich beim 3. Takte F-Dur)
Erster
Auftritt
(Baal-Haanan.
Leibwache.
Frauen.
Mägde. Sklavinnen)
CHOR
Öffnet
euch, Tore, schmückt euch, ihr Hallen,
Duftige
Kränze, umwindet den Saal!
Lasset
die Harfen,
die
Zymbeln erschallen,
Blendet
der Sonne leuchtenden Strahl!
Denn
über alle irdischen Reiche
Hat
Gott Salomons Herrschaft gestellt.
Daß
sich auf Erden
ihm
keines vergleiche,
Zeigt
es jubelnd der staunenden Welt!
Zweiter
Auftritt
(Die
Vorigen. Hohepriester im weißen Ornat und
Sulamith
von rechts eintretend. Alle verneigen sich)
HOHEPRIESTER
Tritt
ohne Zagen ein,
Mein
Kind, zur Königshalle,
Die
Töchter Salems alle
Im
Festschmuck harren dein.
Nicht
nur den hohen Gast
Bringt
uns die nächste Stunde,
Auch
ihn, den du zum Bunde
Dir
auserkoren hast.
Dein
Assad er kehrt zurück.
Und
mit dem Hochzeitsschleier
Trittst
du zur heil'gen Feier
Mit
ihm zum Hochaltar!
Den
König lad' ich
und
den fremden Gast zu Zeugen,
Die
stolze Heidin soll sich vor Jehova beugen!
(Er
geht nach links ab. Alle verneigen
sich.
Baal-Haanan begleitet ihn, die
Wachen
desgleichen. Am Ausgange
verabschiedet
er sich nochmals von
Sulamith,
indem er, ihr die Hand aufs
Haupt
legend, sie zärtlich betrachtet)
Dritter
Auftritt
(Sulamith.
Die Frauen)
SULAMITH
Mein
Assad kehrt zurück!
Ach
nur dies eine Wort hallt durch
die
Seele wider.
Gespielen
hört mein Glück!
Singt
mit mir Jubellieder,
Mein
Assad kehrt zurück!
CHOR
Der
Freund ist dein,
Der
Freund ist dein,
Der
unter Rosen weidet.
(Ein
Teil der Frauen spielt Harfe zu
dem
Chor. Mädchen mit Blumenkörben,
andere
Tamburin und Triangel spielend,
begleiten
mit anmutig ruhiger
Tanzbewegung
den Gesang. Bei der
Schluß
Fermate bilden die Tanzenden eine
enge
Gruppe im Halbkreis um Sulamith)
SULAMITH
Mein
Freund, er ist ein Myrrhenstrauß,
Der
sich an meinen Busen schmiegt.
Ich
halte ihn, ich segne ihn,
Mich
labt seine Wonneduft!
CHOR
Der
Freund ist dein,
Der
Freund ist dein,
Der
unter Rosen weidet!
SULAMITH
Mein
Freund, er ist ein Labekelch,
Der
lieblich mir die Lippe kühlt.
Ich
halte ihn, ich segne ihn,
Mich
labt sein Honigkuß!
CHOR
Der
Freund ist dein,
Der
Freund ist dein,
Der
unter Rosen weidet!
SULAMITH,
CHOR
Der
Freund, der Freund ist mein! / dein!
(Bei
den ersten Klängen des
Marschtempo
fliegt Sulamith dem
Assad
entgegen nach dem
Hintergrund.
Krieger treten ein, Baal-
Haanan
von der linken Seite mit dem
Hohenpriester
und Wachen, die
Frauen
zurückdrängend. Sulamith
steht
in zitternder Erwartung an ihren
Vater
gelehnt im Hintergrunde)
Vierter
Auftritt
(Sulamith.
Hohepriester. Baal-Haanan, Assad
und
Chor. Assad tritt von rechts ein, kostbar
gerüstet,
bleich und besangen)
ASSAD
(gemessen,
zu Baal-Haanan)
Dem
König Heil!
Es
naht sein hoher Gast!
Am
Tore Gad hält sie nur kurze Rast.
(Er
tritt langsam vor)
Sie
gürtet sich mit festlichem Geschmeide,
In
kurzer Frist wird dem Palast sie nahn.
Was
mir geboten ward, es ist getan,
Dem
König Heil! Erlaubt mir, daß ich scheide!
(Er
wendet sich)
HOHEPRIESTER
(vortretend)
Blick
um dich, teurer Sohn, wer deiner harrt!
SULAMITH
(vortretend)
Mein
Assad!
ASSAD
(erbebend)
Sulamith!
Weh mir!
mein
Herz erstarrt!
Entsetzen
schauert durch mein Gebein!
(Er
weicht zurück. Sulamith steht
erbleichend.
Hohepriester mißt mit
gewaltigem
Blick den Zurückweichenden)
SULAMITH
(reißt
sich von den Mädchen
los
und eilt auf Assad zu)
Assad,
sprich, was ist geschehen?
Dir zu
Füßen sieh mich hier!
ASSAD
Frag
mich nicht, was ich gesehen,
Doch
verloren bin ich dir!
SULAMITH
Nein,
nein, du bist mir ewig eigen,
Nur
der Tod entreißt dich mir!
ASSAD
(abgewendet)
Laß
mich fliehen - laß mich schweigen!
Laß
mich sterben, fern von hier!
SULAMITH,
HOHEPRIESTER
ASSAD,
BAAL- HAANAN, CHOR
Welches
Bangen, welche Qual,
Wer
schafft Lösung, wer schafft Rat!
HOHEPRIESTER
Sende,
Herr, uns deine Strahlen!
ALLE
Welches
Bangen, welche Qualen!
SULAMITH
UND ASSAD
Weh
mir!
BAAL-HAANAN
(stark)
Der
König naht!
Fünfter
Auftritt
(Die
Vorigen. Salomon von links ohne Mantel
und
Krone, kostbar gekleidet; alle sinken nieder,
nur
Assad nicht, der stumm und Sulamith, die
verzweifelt
neben dem Hohenpriester steht.
Letzterer
hebt die Hände segnend gegen den
König.
Die Wachen schwenken die Waffen)
SALOMON
(einen
langen, prüfenden Blick
über
die Gruppe werfend)
Mein
Blick gewahrt Befremden ringsherum.
Wie?
Alles schweigt?
(Weich)
Mein
Assad, du bist stumm,
Und
jenes holde Auge schwimmt in Zähren!
(Sulamith
stürzt zu den Füßen des Königs)
Was
hier geschehen sei, ich frage nicht,
Mir
sagt's der Geist, der in der Seele spricht,
Und
seine Macht wird jeden Zweifel klären!
(Majestätisch)
Steht
auf und tretet in die Halle dort!
Du,
Assad, bleib!
Hör'
deines Königs Wort!
(Alle
erheben und entfernen sich
langsam
durch die Säulengänge
rechts
und links. Assad bleibt starr
und
stumm. Der Hohepriester im
Abgehen
mit tröstender Gebärde die
Erleuchtung
durch Gott verheißend)
Sechster
Auftritt
(Salomon.
Assad)
SALOMON.
Ich
les' auf deinem bleichen Munde,
Was
deine Lippe stumm verschweigt.
Dein
Herz war Sulamith geneigt
(Assad
bejaht schmerzlich)
Und du
begehrtest sie zum Bunde -
(Ebenso)
Doch
seit der Fahrt ins fremde Land
Hat
sich dein Herz von ihr gewandt.
ASSAD
Mein
Herr und König, du sprichst wahr,
Dir
sind die tiefgeheimsten Falten
Der
Menschenseele offenbar.
Du
kennst die finsteren Gewalten,
Die
zwischen Erd' und Himmel
Uns
mit Zauberbann umgeben,
So
bann den Dämon auch,
den
ich erblickt,
Der
mir das Herz
mit
Zaubermacht bestrickt.
(Zu
den Füßen des Königs)
Erlöse
mich,
sonst
ist's um mich geschehn!
SALOMON
Erzähle,
sprich, was du gesehen.
(Assad
erhebt sich)
ASSAD
Am
Fuß des Libanon traf ich der Königin Schar
Und
bracht' ihr deine Botschaft dar,
Allein
sie selbst sah keiner von uns allen,
Nur
vor dem König soll ihr Schleier fallen.
Und in
den Zedernwald, müd' von
des
Tages Schwüle,
Schlich
ich gedankenvoll
und
suchte Ruh' und Kühle,
Dort
in dem heimlich grünen Schoß
Lautloser
Einsamkeit, sank ich ins Moos.
Da
horch! da plätschert eine Silberquelle,
So
schmeichelnd lockt es,
plaudert
süß und leise,
Entzückt
mein Herz mit träumerischer Weise,
Und
durch die grünen
Zweige
schimmert's helle.
(Geheimnisvoll
flüsternd)
Ich
hebe mich zu lauschen und zu spähen,
Und -
ewige Mächte - was hab' ich gesehen!
(Zart
und innig)
Aus
klaren Fluten steigt
ein
Schwanenleib,
Auf
Wellen ruht das himmlisch schönste Weib.
Das
schwarze Haar hüllt ihren Nacken ein
Wie
Ebenholz ein Bild von Elfenbein.
Zwei
Sterne blitzen
durch
der Wimper Nacht,
Zwei
Rosen halten über Perlen Wacht,
Zwei
Arme schlingen
sich
zum Lilienkranz,
Das
Aug' erblindet vor der Schönheit Glanz.
Es
zieht mich hin, und sie entflieht mir nicht,
Sie
neigt mir zu das lichte Angesicht,
(Mit
immer steigender,
leidenschaftlicher
Erregung)
Sie
schlingt den Arm mir um den Nacken fest,
Sie
hält mich an die süße Brust gepreßt!
(Immer
anwachsend)
Und
taumelnd sink' ich und verworren hin,
Zu
Füßen ihr der holden Zauberin.
Da
rauscht's im Schilfe,
sie
erschrickt und späht,
Sie
hebt sich, flieht, und ist in Luft verweht.
O
zauberhafter Traum,
der
meine Seel' erfüllt!
SALOMON
Ob
dich ein böser Zauber quäle,
Ob
jenes Bild voll Reiz und Lust
Ein
Dämon deiner eignen Seele,
Noch
bin ich mir's nicht klar bewußt.
Doch
über mir, im Reich der Geister
Mit
ewig unverhülltem Blick,
Schwebt
Adonai, mein Herr und Meister,
Und
ihm befehl' ich dein Geschick.
ASSAD
Mein
Mut flammt auf, mein Herz wird frei,
Der
Hoffnung Strahl belebt mich neu.
Ich
darf Versöhnung, Gnade hoffen,
Der
Himmel steht mir wieder offen.
Mein
Herr und König magst du's künden,
Wo
werde ich Erlösung finden?
SALOMON
Tritt
mit der Braut zum Hochaltare
Und
fasse ihre reine Hand,
Und
heil'ger Friedens-Hoffnungsschein
Zieh
tröstend in das Herz die ein!
Mein
Assad, vertrau dem Herrn dein Geschick.
ASSAD
Auf,
auf zum heiligen Altare
Mich
führet deine weise Hand!
Und
Friede zieht nach banger Pein
Versöhnend
in das Herz mir ein!
(Beide
gehen nach links ab)
Siebenter
Auftritt
(Soldaten
ziehen auf. Aus den Seitenhallen ziehen
Frauen
und Jungfrauen, von Sklavinnen begleitet,
ein.
Die Frauen streuen Rosen, die Sklavinnen tragen
Harfen.
Die Leibwache zieht durch die Mitte ein.
Andere
Frauen, von Sklavinnen begleitet, ziehen
von
der entgegengesetzten Seite in der Art der
früheren
ein. Vier Trompeter auf Stufen in der
Vorhalle
aufgestellt. Es beginnt der Einzug des
Gefolges
der Königin von Saba. Sklaven und
Sklavinnen,
Weiße und Mohren, mit goldenen und
anderen
Prachtgesäßen, gefüllt mit Goldstand,
Perlen,
Edelsteinen und Spezereien. Phantastische
Gruppierung.
Die Königin erscheint auf einem
Palankin
getragen mit Astaroth Unter der Halle
wird
die Königin von den Sklaven herabgehoben)
CHOR
Heil!
Heil! der Königin Heil!
Sabas
großer Kön'gin Heil!
Sonne
des Mittags, Arabiens Stern,
Sei
uns gegrüßt im Palast des Herrn.
Fülle
der Wonne sei dein Teil,
Sabas
großer Kön'gin Heil!
(Das
Gefolge des Königs erscheint. Dann
die
Königin, bedeckt mit Juwelen und
Perlen.
Von dem gekrönten Turban herab
wallt
ein golddurchwirkter Schleier, die
ganze
Gestalt umhüllend. Salomon von
links
kommend mit Krönungsmantel und
Krone.
Ihm folgt der Hohepriester,
Baal-Haanan,
Assad, Sulamith an Assad
geschmiegt)
SALOMON
Willkommen,
edler Gast, in diesen Hallen!
Es
reicht dir Salomon die königliche Hand!
Laß
dir's in Zions Mauern
wohl
gefallen;
Zu
deinen Füßen legt er das gelobte Land!
KÖNIGIN
Heil,
König, dir! und sieh zu deinen Füßen,
Was
meines Reiches Krone ziert!
(Sie
macht eine darbietende Bewegung.
Sämtliche
Geschenke tragende Sklaven
bilden
vor dem König eine Gruppe)
Die
Düfte, die Arabiens Luft versüßen,
Die
Perlen, die Arabiens Meer gebiert;
Sieh
seine Kinder in den Staub gebückt,
Als
deine Sklaven, König, nimm sie hin!
Und
sieh, was noch kein Sterblicher erblickt,
(Stolz)
Das
Antlitz seiner Königin!
(Sie
entschleiert sich)
ASSAD
(vorstürzend)
Träum'
ich!.
Nein,
es ist kein Wahn,
Sie
ist's, sie selbst!
SALOMON
(dazwischen
tretend)
Was
sicht dich an?
ASSAD
(starrt
die Königin an, diese
mißt
ihn mit eisigen Blicken)
Dieses
Auge, diese Züge,
Ew'ger
Gott, es ist kein Wahn!
Ist
kein Traumbild, keine Lüge,
Goldnes
Leben blickt mich an!
Durch
die Seele zieht ein Bangen,
Zieht
ein glühendes Verlangen
Sie,
die Göttin, zu umfangen,
Sei's
dann auch um mich getan!
KÖNIGIN
(Für
sich)
Dieses
Auge, diese Züge,
Leiser
Schauer faßt mich an!
Steh
mir bei, du Geist der Lüge,
Und
erstick den süßen Wahn!
Flüchtiger
Hauch, du bist vergangen,
Höher
strebet mein Verlangen;
Was
ich kühn mich unterfangen,
Unverrückt
sei es getan!
SULAMITH
(Für
sich)
Dieses
Auge, diese Züge,
Ihn
umstrickt ein fremder Wahn,
Assad,
Assad, sieh, ich schmiege
Mich
an deine Seite an!
Will
an deiner Seele hangen,
Was
hält dir den Geist befangen!
Ew'ger
Vater, sieh mein Bangen,
Ach,
was hat er dir getan?
SALOMON
(Für
sich)
Wie
entstellt starrt er sie an!
Spricht
aus ihr der Geist der Lüge?
Spricht
aus ihm ein töriger Wahn?
Hält
ein sündiges Verlangen
Hält
der Wahnsinn ihn befangen?
Mit
Erschütterung und Bangen
Seh'
ich die Entscheidung nahn!
ASTAROTH
(Für
sich)
Durch
der Herrin starre Züge
Blickt
mich leiser Schauder an,
Bin
ich ihr doch seit der Wiege
Bis
zum Tode zugetan!
Schöne
Herrin, laß das Bangen,
Was du
immer magst verlangen,
Astaroth
wird an dir hangen,
Und
kein Leid darf dir sich nahn!
HOHEPRIESTER
(Für
sich)
Wie
entstellt sind seine Züge,
Ihn
umstrickt ein irrer Wahn,
Daß
sie nicht der Qual erliege,
Gott,
nimm dich der Jungfrau an!
Hält
mit teuflischem Verlangen
Ihn
ein böser Geist befangen?
Laß
ihn nicht den Sieg erlangen.
Gott,
dich bet' ich gläubig an!
BAAL-HAANAN.
(Für
sich)
Wie
entstellt sind seine Züge,
Ihn
erfaßt ein böser Wahn!
Er,
gekrönt durch Ruhm und Siege,
Nun
dem Dämon untertan!
Soll
der Stunde Festesprangen
Wandeln
sich in Qual und Bangen
Weil
ein Tor sich unterfangen,
Hier
im Wahnsinn sich zu nahn?
CHOR
(Für
sich)
Wie
entstellt sind seine Züge,
Ihn
erfaßt ein böser Wahn!
Soll
der Stunde Festesprangen
Wandeln
sich in Qual und Bangen
Weil
ein Tor sich unterfangen,
Hier
in Wahnsinn sich zu nahn!
KÖNIGIN
(Abwehrend)
Dieser
wilde Fremdling hier,
König,
was heischt er von mir?
ASSAD
Fremd?
(Ruhiger)
Du
weißt nicht, wer ich bin?
(Näher
tretend, flüsternd und gedehnt)
Am
Libanon,
im
Mondenlicht,
Gedenkst
du nicht?
O
Königin!
KÖNIGIN
(Assad
zurückstoßend, heftig)
Wahnsinniger!
- ich kenn' dich nicht!
CHOR
(stürmt
vor)
Zurück,
du Rasender, zurück!
Was
wagt er frevelnd zu beginnen!
SULAMITH,
ASTAROTH
BAAL-HAANAN
HOHEPRIESTER,
CHOR
Zurück,
Unseliger, zurück!
Laß
dich beschwören, komm von hinnen!
SALOMON
(milde)
Wo
bist du Assad?
SULAMITH
(weinend)
Mein
Assad!
ASSAD
Wo ich
bin?
Verrückt,
verworren ist mein Sinn!
Und
doch der Blick, der mich durchloht,
(Er
stürzt zu den Füßen des Königs)
Barmherzigkeit,
gib mir den Tod!
SALOMON
Ermanne
dich, mein Sohn und folg den deinen,
Der
nächste Tag soll dich der Braut vereinen!
KÖNIGIN
(zuckend,
abgewendet)
Der
Braut?
SALOMON
Doch
du, mein Gast, tritt ein,
Das
Festgelage harret dein!
(Salomon
hat der Königin die Hand gereicht
und
führt sie durch den Kreis der Huldigenden
nach
links. Die Sklaven knien. Vor Assad, den
Sulamith
umschlungen hält, bleibt die Königin
stehen
und wirft einen glühenden Blick auf ihn,
heimlich
den Schleier lüftend, dann schreitet
sie
weiter. Auf der Höhe der Stufen wendet sich
das
königliche Paar, die Versammlung grüßend.
Alles
stürzt in den Vordergrund, Fahnen und
Standarten
schwenkend)
CHOR
Heil!
Heil dem König, Heil der Königin! Heil!
Schlagt
die Pauken,
rührt
die Saiten!
Jubelnder
Psalmen brausender Klang
Soll
der Kön'gin Schritte begleiten,
Wenn
sie wandelt die Hall' entlang.
Fülle
der Wonne sei euch zuteil,
Heil
dem König, der Kön'gin Heil!
Sabas
großer Kön'gin Heil!
ZWEITER AUFZUG
(Phantastischer
Garten von Zedern, Palmen und
Rosensträuchen.
Das Theater von mäßiger Tiefe.
Links
im Vordergrunde ein Springbrunnen, dessen
Becken
auf Stufen steht. Rechts rückwärts ein Portal,
zum
Palast führend. Nacht. Aufsteigender Mond.
Einleitung:
Nachtstück und Festmusik)
Erster
Auftritt
(Königin
in duftigem, silberdurchwirkten Kleid
und
Schleier, welche die ganze Gestalt
einhüllen,
aus dem Palaste tretend)
KÖNIGIN
Aus
des Jubels Festgepränge
Flücht'
ich in die Einsamkeit.
(Schmerzlich)
Im
Gewog' der lauten Menge
Faßt
die Seele tiefes Leid:
Er,
der mir das Herz bezwungen,
Er,
den dieser Arm umschlungen,
Er
führt, sobald der Morgen graut,
Zum
Altar die junge Braut!
Ewig
wird er mir entrissen,
Und
wenn jener Fürst von Eis
Mir
entringt des Sieges Preis,
Soll
ich alles, alles missen?
Seine
dunklen Locken küssen
Sollt'
ein andres Weib auf Erden,
(Schmerzlich)
Und
ich soll vergessen werden?
Was du
flüchtig nur besessen,
Jenes
nie empfundne Glück,
Herz,
kannst du es nie vergessen?
Spiegelst
du ewig mir's zurück?
Wie,
wenn ich mich heimwärts wändte,
Mit
dem Freunde, dem Gemahl?
Wenn
er mir zur Seite stände,
Blühend
in der Schönheit Strahl,
Dort,
im stillen Myrtenhain
(Leidenschaftlich,
innig)
Liebeselig
mein zu sein? Ach!
Kann
die Krone mir ersetzen,
Hat
mein Stolz es je erfüllt
Jenes
sel'ge Ergötzen,
O, das
die Liebe mir enthüllt?
Wenn
sich Arm und Arm umschlingt,
Wenn
sich Seel' und Seel' durchdringt?
Libanons
verschwiegne Welle
Die
den Flammenkuß bezeugt,
Laubgeflüster,
Mondeshelle,
(Sehr
weich)
Schweigt
ihr süßen Stimmen, schweigt!
Es
bestrickt mir Herz und Sinn,
Ich
vergesse wer ich bin! -
(Sich
rasch aufrichtend)
Und
was zwingt mich, ihn zu missen?
Das
Geheimnis hüllt uns ein,
Keine
Seele braucht's zu wissen,
Weiß
nur ich, sein Herz ist mein!
Mein?
wird er mir nicht entrissen!
Heut
noch soll die Feier sein,
Eine
andre wird ihn küssen,
Eine
andre! - nein, nein, nein!
Durch
das Herz zuckt mir ein Blitzen,
Eine
andre ihn besitzen,
Eine
Nebenbuhlerin? Ich vernichte dich!
(Wild)
Nein,
das Band werd' ich zerreißen,
Gürte
dich, mein Herz, mit Eisen,
Zeigen
will ich, wer ich bin!
Kön'ge
sah ich vor mir schmachten,
Und
ich durfte sie verachten,
Ich
des Ostens Königin!
Daß
den Liebling meiner Seele
Eine
andre nun mir stehle,
Das
erträgst du, stolzer Sinn?
Nein,
nur ich will ihn besitzen,
Durch
das Herz zuckt mir ein Blitzen,
Zittre!
Nebenbuhlerin!
Ich
verderbe dich!
Siegen
will ich, triumphieren!
Ich
vernichte dich!
Zweiter
Auftritt
(Die
Vorige. Astaroth)
ASTAROTH
(heimlich)
Süße
Herrin!
KÖNIGIN
Du
bist hier?
ASTAROTH
(flüsternd)
Eine
Kunde bring' ich dir:
Jener
Mann, der sich vermessen,
Der
dir frech ins Auge sah -
KÖNIGIN
(aufjauchzend)
Assad!
Rede!
ASTAROTH
Wandelt
da
Träumend
unter den Zypressen.
KÖNIGIN
(spähend)
Tiefe
Stille ringsumher -
Niemand
sieht uns - lock ihn her!
ASTAROTH
(leise,
geheimnisvoll)
Wie im
Schilfe lockt der Reiher,
Wie
der Tauber girrt im Moos,
Durch
der Nacht verschwiegnen Schleier
Lock'
ich ihn her in deinen Schoß.
(Die
Königin tritt links hinter den Springbrunnen,
Stille.
Mondlicht von rechts einfallend)
ASTAROTH
(erst
links hinter der Kulisse, dann auf der
Szene
hinter einem Busche, dann rechts hinter
der
Kulisse, allmählich sich entfernend,
schließlich
wie aus weiter Ferne)
A ha
ha!
Dritter
Auftritt
(Assad.
Später Königin)
ASSAD
(von
rechts auftretend, träumend, ohne Rüstung)
Magische
Töne, berauschender Duft!
Küsse
mich, milde Abendluft,
Kühle
die Stirne mir heilend und mild.
Lindre
die Qual, die das Herz mir erfüllt.
Um
mich schwebt ein zaubrischer Schein,
Wie in
Libanons dunklem Hain,
Wo die
Quelle sich lockend verlor.
Magische
Töne, berauschender Duft!
Küsse
mich, milde Abendluft,
Kühle
die Stirne mir heilend und mild.
(Assad
hat vor sich hinträumend sich dem
Brunnen
genähert, die Königin hinter dem
Brunnen
hervortretend, vom Mondlicht
beleuchtet,
steht plötzlich vor ihm. Er fährt
erschrocken
zurück)
Ha,
was seh' ich! täuschendes Licht
Zauberst
du wieder ihr Bild hervor?
KÖNIGIN
(gedehnt)
Assad!?
ASSAD.
Ewiger,
es lebt, es spricht!
Ha,
was macht mein Herz erbeben?
Ist es
Wahnsinn, ist es Leben?
(Er
geht auf sie zu und wendet sich wieder ab)
KÖNIGIN
(unbeweglich
stehend)
Kommst
du endlich, endlich wieder,
Ach,
so lange harrt' ich schon,
Steigst
du endlich zu mir nieder,
Süßer
Freund vom Libanon?
ASSAD
(in
zitternder Erregung, mit halber Stimme)
Fest
mein Blick, du darfst nicht schwanken,
Nur
ein Trugbild schaust du an.
KÖNIGIN
Wo die
klaren Wellen rauschten
Im
verschwiegnen Mondenschein,
Wo wir
süße Küsse tauschten,
Ach,
wie lange harrt' ich dein!
Steigst
du endlich zu mir nieder,
Süßer
Freund vom Libanon?
Wo die
klaren Wellen rauschten
Im
verschwiegnen Mondenschein,
Wo wir
süße Küsse tauschten,
Ach,
wie lange harrt' ich dein!
ASSAD
Diese
Stimme!
Ha,
der Zauber faßt mich wieder,
Zieht
mich ihr zu Füßen nieder,
Wie am
Quell im Libanon.
KÖNIGIN
Kommst
du endlich, endlich wieder,
Ach,
so lange harrt' ich schon,
Steigst
du endlich zu mir nieder
Süßer
Freund vom Libanon?
(Sie
breitet die Arme aus, vortretend)
Geliebter!
ASSAD
(bebend,
immer glühender)
Willst
du wieder mich berücken,
Dämon,
mit den süßen Blicken,
Du
mein Unheil, mein Entzücken,
Du
mein Leben, du mein Tod!
KÖNIGIN
Bist
du wieder mir gegeben,
Du,
mein Assad, du mein Leben,
Fühl
der Liebe glühend Beben,
Die
für dich im Busen loht!
ASSAD
Bist
ein Wesen du von oben,
Aus
der Lüfte Hauch gewoben,
Wie
ein flücht'ger Traum zerstoben,
Wenn
mein Arm dich sehnend faßt?
KÖNIGIN
Laß
das Zweifeln, laß das Fragen,
Fühle
meine Pulse schlagen,
Laß
im süßen Kuß dir sagen,
Daß
du mich gefunden bast!
ASSAD
Mich
umrauschen dunkle Wogen,
Hin zu
dir bin ich gezogen,
Unter
mir versinkt die Welt!
KÖNIGIN
Laß
die Welt um dich versinken,
Wenn
dir meine Arme winken,
Dich
mein Herz gefangen hält.
(Assad
eilt auf sie zu und stürzt zu ihren
Füßen.
Die Königin hat mit beiden Händen
ihren
Schleier erfaßt und indem sie Assad
umschließt,
hüllt sie ihn gänzlich ein. Sie
bleiben
lange umschlossen)
TEMPELWÄCHTER
(von
der Höhe, unsichtbar)
Der
Tag ersteht!
Söhne
Israels, zum Morgengebet!
KÖNIGIN
(sich
loswindend)
Leb
wohl!
ASSAD
Halt
ein, du darfst nicht gehn!
KÖNIGIN
Gedenke
mein, auf Wiedersehn!
(Die
Königin reißt sich los und verschwindet
in
den Büschen. Assad starrt ihr wie träumend
nach,
irrt, sie suchend, umher und sinkt dann
an
den Stufen des Springbrunnens vorn, in
sich
verloren, nieder. Der Morgen bricht an)
Vierter
Auftritt
(Assad,
Baal-Haanan und Begleiter)
BAAL-HAANAN
UND CHOR
(hinter
der Szene)
Die
Sonne steigt aus des Morgens Schoß,
Lobet
den Herrn, der Herr ist groß.
Badet
die Hände in reiner Flut,
Lobet
den Herrn, der Herr ist gut.
(Baal-Haanan
und Chor treten aus dem Portikus)
BAAL-HAANAN
(noch
auf den Stufen)
Wer
ist's, der dort
an der
Quelle ruht?
(Näher
tretend)
Assad!
ASSAD
(aufspringend)
Mein
Name!
(Wie
im Traum)
Rufst
du mir?
BAAL-HAANAN
Was
suchst du
im
gift'gen Nachttau hier?
ASSAD
(die
Arme ausbreitend)
Wo
bist du?
BAAL-HAANAN
Verwirrt
ist sein Blick, sein Sinn!
Führt
ihn zum Schoß der Seinen hin!
CHOR
(in
Rührung und Teilnahme)
Armer,
getroffen von Gottes Hand,
Heilung
sei dir vom Herrn gesandt!
(Sie
führen Assad langsam ab)
(Assad
wendet noch einmal
schmerzlich
den Blick zurück)
Der
Tempel
Ganze
Tiefe des Theaters. Galerien von beiden
Seiten.
Ein goldenes Gitterwerk, quer über die
Bühne
laufend, trennt das Allerheiligste vom
Tempelraume.
Im Allerheiligsten auf
Marmorstufen
das Tabernakel, von einem
Prachtvorhange,
mit Palmen und
Cherubsköpfen
durchwirkt, geschlossen. Vor
dem
Tabernakel rechts der hohe siebenarmige,
goldene
Leuchter. Links Tische mit den
Schaubroten.
Vor dem Gitter, mitten im
Mittelgrunde,
der Rauchaltar. Links im
Vordergrunde
eine Estrade, die mit dem
Palaste
kommuniziert. Das ganze Gebäude
steht
auf Zedernpfeilern, reich mit Gold
ausgelegt.
Volk unter den Galerien. Priester,
Leviten,
Sänger und Harfenspieler, dann der
Hohepriester
ziehen von rechts in den Tempel.
Die
Leviten zünden die Leuchter an. Die
Priester
streuen von Zeit zu Zeit unter tiefen
Verneigungen
Weihrauch auf den Altar. Die
Sänger
und Harfenspieler ziehen in ihre Logen.
Beim
10. Takt des F-Dur, 4/4 öffnet sich der Vorhang)
Fünfter
Auftritt
(Volk.
Priester. Leviten. Sänger. Hohepriester)
HOHEPRIESTER
(gegen
das Allerheiligste gewendet, im Ornate)
Danket
dem Herrn, denn er ist freundlich!
CHOR
DER SÄNGER
Ewig
währt seine Güte!
HOHEPRIESTER
So
spreche Israel!
CHOR
DES VOLKES
Ewig
währt seine Güte!
HOHEPRIESTER
So
spreche Arons Haus!
CHOR
DER PRIESTER
(unter
tiefen Verneigungen)
Ewig
währt seine Güte!
HOHEPRIESTER
So
sprechen alle Gottesverehrer!
GANZER
CHOR
(Gegen
das Allerheiligste gewendet)
Ewig
währt seine Güte!
(Die
Priester reichen dem Hohenpriester eine mit
Mehr
gefüllte goldene Opferschale, er wendet sich
gegen
das Tabernakel, verneigt sich tief und
verschwindet
hinter dem Vorhange. Die Leviten
lassen
Weihrauchdämpfe aufwirbeln. Einzelne aus
dem
Volke bringen Opfer: Mehl in Schalen, Öl in
Krügen.
Die Leviten empfangen die Opfergaben)
CHOR
DER MÄDCHEN
(noch
hinter der Szene)
Wie
auf das Saatkorn dein Segen taut,
Segne,
o Herr, die junge Braut!
Sechster
Auftritt
(Die
Vorigen. Sulamith. Jungfrauen)
(Von
rechts im Vordergrunde zieht ein Zug von
Jungfrauen
ein, in goldenen Schalen
Weizenkörner,
in Krügen Öl tragend. In ihrer
Mitte
Sulamith, weiß gekleidet, einen seidenen,
silberdurchwirkten
Schleier rückwärts vom
Kopfe
herabwallend. Sie trägt in einem offenen
Korbe
ein Taubenpaar)
CHOR
DER MÄDCHEN
Wie
auf das Saatkorn dein Segen taut,
Segne,
o Herr, die junge Braut.
Wie
Öl im Krüglein,
lauter
und klar,
Sei
das Geschick dem liebenden Paar!
SULAMITH
Dies
Taubenpärchen, sanft und rein,
Laß
mich dir, Herr, als Ovfer weihn,
Sieh,
wie sie flattern ängstlich vor dir,
So
zittert das Herz im Busen mir.
Doch
ein Gebet nur stammelt es laut:
Genesung!
o Vater, dem Liebsten traut.
CHOR
DER MÄDCHEN
Wie
Öl im Krüglein,
lauter
und klar,
Sei
das Geschick dem liebenden Paar!
SULAMITH
Ich
neige das Haupt vor deinem Altar,
Gib
mir ihn wieder, wie er mir war.
Siebenter
Auftritt
(Die
Vorigen. Salomon. Assad. Gefolge. Dann
Königin.
Astaroth. Salomon mit Assad und Gefolge
von
der Estrade links. Assad trägt ein weißes
Kleid,
goldenen Gürtel, er schreitet schwankend
und
mit am Boden haftenden Blicken.
SALOMON
(einen
Augenblick feierlich gegen das
Allerheiligste
gewendet, dann zu Assad)
Blick
empor zu jenen Räumen
Zu des
Höchsten Majestät!
(Sehr
ruhig und sanft)
Rüttle
dich aus deinen Träumen,
Die
Erlösung wird nicht säumen,
Wenn
dein Herz in Demut fleht.
Tritt
ihr zum Altar entgegen,
Des
Himmels Segen bringt entgegen
Der
Jungfrau reine Hand.
(Sulamith
legt die Hand
auf
Assads Schulter)
SALOMON
(zum
Hohenpriester, der aus
dem
Allerheiligsten tritt)
Priester
Gottes sprich den Segen,
Weihe
dieses heil'ge Band.
(Assad
schauert zusammen. Er steht neben
Sulamith,
Jünglinge mit grünen Zweigen
treten
zu Assad, Mädchen zu Sulamith)
HOHEPRIESTER
(auf
der Höhe stehend)
Der
Ew'ge segne und behüte euch!
CHOR
Amen!
HOHEPRIESTER
Er
lasse euch sein Antlitz
leuchten!
CHOR
Amen!
HOHEPRIESTER
Und
gebe euch den Frieden!
(Er
steigt herab)
CHOR
Amen!
HOHEPRIESTER
(zwischen
das Paar tretend,
er
hält Assad den Ring hin)
Durch
diesen Ring gelob' ich dir -
(Hier
erscheint die Königin
mit
Astaroth auf der Estrade)
ASSAD
(erblickt
die Königin)
Durch
diesen Ring
(In
heftigster Erregung)
Weh
mir, wer naht sich mir!
(Er
wirft den Ring weg,
nach
der Stirn greifend)
Ich
träume nicht, nein, nein, ich sehe!
ALLE
Der
Wahnsinn faßt ihn, wehe, wehe!
SALOMON
(betreten)
Du,
Kön'gin, hier?
KÖNIGIN
(näher
tretend)
Ich
bin's fürwahr!
(Sie
zeigt auf eine goldene Schale voll
Perlen,
die Astaroth trägt. Diese geht damit
auf
Sulamith, die sich heftig abwendet)
Ein
Brautgeschenk bring' ich der Jungfrau dar!
ASSAD
(glühend)
Ob du
aus Duft und Schein,
Ein
Schatten, wirst verwehen,
Ob du
ein irdisch Sein,
Bei
Gott, ich will es sehen!
(Assad
stürzt auf die Königin zu und erfaßt
ihren
Schleier, die Leviten halten ihn)
ALLE
Wahnsinn'ger,
halte ein!
Willst
du des Tempels Hallen
Durch
sünd'ge Tat entweihn?
PRIESTER
UND LEVITEN
Er ist
Scheol verfallen!
SULAMITH
O
Ew'ger, welche Pein!
KÖNIGIN
(Für
sich)
So
soll der Bund zerfallen!
SALOMON
Mir
tagt der Wahrheit Schein!
ASSAD.
Ob ich
dem Wahn verfallen -
Sie
soll mein Richter
sein!
(Er
tritt vor die Königin)
Du,
der des Herzens Flammen
In
wilder Glut entbrennen,
Wirst
du mich auch verdammen,
Wirst
du mich rasend nennen?
SALOMON
(zur
Königin)
Sprich,
lehr dies Rätsel mich verstehn.
ALLE
O
sprich, was ist mit ihm geschehn?
KÖNIGIN
(schwankt
einen Augenblick
und
tritt dann stolz zurück)
Ich
kenn' ihn nicht, ich hab' ihn nie gesehen!
CHOR
Weh,
so ist's klar, Schrecken und Bangen,
Ein
Dämon hält ihm die Seele befangen,
Der
ihn besessen hält tückisch und dreist,
Priester
Gottes, banne den Geist!
KÖNIGIN,
ASTAROTH
(Für
sich
Das
Bündnis soll zerfallen,
Triumph,
es ist getan,
Kein
andres Weib von allen
Wird
seinem Herzen nahn!
ASSAD,
SULAMITH
Es
faßt mit wilden Krallen,
Verzweiflung
faßt mich an,
Dem
Tod bin ich verfallen,
Es ist
um mich getan!
SALOMON
Es
faßt mit wilden Krallen
Mich
banger Argwohn an,
Den
Schleier seh' ich fallen
Und
die Entscheidung nahn!
HOHEPRIESTER
Hör
meinen Ruf erschallen,
Laß
deine Hilfe nahn,
Du
Herrscher über allen
Vertilge
Trug und Wahn!
BAAL-HAANAN,
PRIESTER
LEVITEN,
CHOR
Laß
heil'gen Schwur erschallen,
Vertilge
Trug und Wahn!
Ein
Wunder sei getan!
HOHEPRIESTER
(die
Hände gegen Assad; dieser hat
sich
wie gebannt immer mehr dem
Hohenpriester
mit kurzen Schritten und
gebeugten
Hauptes genähert)
Ihr
Geister, die dem Satan dienen,
Bestrickend
dieses Mannes Sinn,
Weicht
vor dem Thron der Cherubinen,
Und
flieht ins Reich der Nacht dahin!
(Er
schreitet zum Allerheiligsten. Große Spannung
und
Aufregung bemächtigt sich der ganzen
Volksmasse.
Posaunen auf dem Theater, hinter der
Szene.
Er gibt ein Zeichen. Mit dem Tamtamschlag
rollt
der Vorhang im Hintergrunde auf. Man sieht
die
Bundeslade, auf der die goldenen Cherubim
lagern.
Der Chor stürzt aufs Angesicht nieder)
ALLE
Halleluja!
(Assad
überwältigt, laut atmend.
Königin
verhüllt sich. Salomon
richtet
seinen Blick auf die Königin)
HOHEPRIESTER
(zurückkommend)
Erhebe
dich in Gott, mein Sohn!
KÖNIGIN
(rasch,
flüsternd)
Assad!
ASSAD
(heftig)
Das
ist ihr Zauberton!
(Rasend)
Fort!
Ihr sollt mich nicht betören,
Ich
verfluche euern Wahn!
Mögt
ihr mich bei Gott beschwören,
(Er
will auf die Königin zustürzen,
die
Leviten halten ihn)
Meine
Göttin bet' ich an!
(Tamtamschlag
auf der Bühne. Allgemeines
Entsetzen;
das Volk flieht aus den Galerien
über
die Bühne. Der Vorhang des
Allerheiligsten
schließt sich. Die Priester
stürzen
in den Vordergrund. Salomon tritt
zwischen
Assad und die Königin)
CHOR
Gotteslästerung,
laßt uns fliehn!
Wehe!
Wehe!
Er hat
befleckt Jehovas Haus!
PRIESTER,
LEVITEN
Anathema
über ihn!
(Der
Hohepriester zerreißt sein Gewand.
Die
Flammen des Altars, die Kerzen,
werden
von den Leviten ausgelöscht)
EINZELNE
STIMMEN AUS DEM VOLKE
Schleppt
ihn fort! Er sterbe!
Zum
Blutgericht! Schleppt ihn fort!
SULAMITH,
CHOR
Gott!
Erbarmen!
Sieh
mein Bangen,
Geh
mit ihm nicht ins Gericht,
O
rette ihn!
ASSAD
Ha,
der Tod ist mein Verlangen,
Führt
mich hin zum Blutgericht!
(In
wilder Raserei)
Ich
verfluche euren Wahn,
Meine
Göttin bet' ich an!
KÖNIGIN
Weh,
zu weit bin ich gegangen,
Götter
helft, verlaßt mich nicht!
ASTAROTH
Welcher
Schreck hält sie befangen,
Es
erbleicht ihr Angesicht!
SALOMON
Es
gestehn die bleichen Wangen,
Und
die stumme Lippe spricht!
HOHEPRIESTER
Fluch
ihm, der sich so vergangen
Vor
Jehovas Angesicht!
ALLE
ANDERN
Fluch
ihm, der sich so vergangen,
Schleppt
ihn fort zum Blutgericht!
(Sie
zerren Assad fort in den
Hintergrund.
Die ganze Chormasse
wild
um ihn herum zum Knäuel geballt)
SALOMON
Haltet
ein!
Der
König wird sein Richter sein!
KÖNIGIN,
SULAMITH, ASTAROTH
O
rett' ihn!
DIE
ÜBRIGEN
Er
sterbe!
(Baal-Haanan
tritt mit den Wachen vor.
Die
Priester lassen Assad los. Baal-Haanan
und
die Wachen treten hinzu. Die Königin will
auf
Assad zu, Salomon dazwischentretend, weist
sie
majestätisch zurück. Sulamith stürzt zu des
Königs
Füßen, seine Knie umklammernd; die
Priester
heben drohend die Hände. Der
Vorhang
fällt schnell)
DRITTER AUFZUG
(Festhalle.
Prachtvoll beleuchtet und mit
Blumen
geschmückt. Die eigentliche Vorhalle,
zwei
Kulissen tief, kann durch einen schweren
Vorhang
geschlossen werden. In der Tiefe sieht
man
Schenktische. Mundschenke tragen Schüsseln
und
Pokale. Die ganze Halle ist von Weibern des
Harems
angefüllt. Tanzende Bajaderen mit Bechern
und
Kränzen. Der Vorhang öffnet sich beim 7. Takt)
Erster
Auftritt
Ballett
- Bienentanz der Almeen
(Ein
Mädchen, tief in einen Schleier gehüllt, der auch
einen
Teil ihrer oberen Gewandung bildet, treibt
scherzend
scheinbar eine Biene vor sich her; bald sich
vor
ihr ängstigend, dann mit dem Schleier sie
wegscheuchend.
Die Gebärden der Angst mehren sich,
als
ob die Biene sie nun zudringlicher verfolgte.
Plötzlich
bleibt sie erschrocken stehen; die Biene ist
scheinbar
in die Kleider gedrungen, sie sucht sich
vergeblich
von ihr zu befreien, und wickelt sich schnell
und
geschickt aus dem Schleier, den sie von sich wirft.
Die
Biene ist im Schleier geblieben; das Mädchen atmet
auf.
Mit anmutiger Gebärde umtanzt sie den Schleier,
lüftet
ihn endlich vorsichtig; die Biene entschlüpft. Sie
hüllt
und wickelt sich schnell wieder tief in den Schleier;
das
Spiel beginnt von neuem. Endlich tanzt sie, vor der
Biene
immer fliehend und sie von sich scheuchend, von
der
Bühne. Das Ganze soll mit Grazie und Anmut, teils
mimisch,
teils tanzend ausgeführt werden. Die andern
Mädchen
mit Blumenkränzen und Schleiern mischen sich
nach
und nach in ihren Tanz. Als die Biene dem Schleier
entschlüpft,
fliehen sie zurück)
Bacchanal
CHOR
DER FRAUEN
Rauschet,
rauschet durch die Lüfte,
Festeslieder,
froher Tanz,
Rauscht
empor zum Himmelszelt,
Denn
es ehrt durch hohe Feste
Seine
königlichen Gäste
Salomon,
der Herr der Welt!
Rauschet;
rauschet durch die Lüfte,
Festeslieder,
froher Tanz, ahi!
Wirbelt
auf, ihr Blumendüfte, ahi!
Durch
den hellen Kerzenglanz!
Becher
klirren, Reigenschwirren
Rauscht
empor zum Himmelszelt!
(Königin
im reichsten Schmuck, tritt durch die
Mitte
auf. Salomon folgt ihr. Die Tanzenden
ziehen
sich bis zum Bogen zurück)
Zweiter
Auftritt
(Königin.
Salomon)
SALOMON
Vom
Mahle brichst du auf,
Behagt
mein Fest dir nicht?
Wie?
eine Wolke trübt dein Angesicht?
(Mit
auffordernder Gebärde an die Tanzenden)
Verscheuche
sie Musik und Tanz.
(Der
Tanzchor rauscht lebhaft herbei)
KÖNIGIN
Genug!
(Der
Tanzchor zieht sich zurück.
Die
Vorhänge schließen sich)
Berauschend
ist des Festes Glanz,
Und
doch. -
SALOMON
Sag,
Herrin, dein Begehren!
KÖNIGIN
Willst
du mir einen Wunsch gewähren?
SALOMON
Mein
halbes Königreich!
KÖNIGIN
Zuviel!
Nur
einer Laune leichtes Spiel!
Ein
Nichts!
SALOMON
Sprich!
KÖNIGIN
Jenes
Jünglings Leben,
Das
deiner Priester Ingrimm preisgegeben!
SALOMON
(zurücktretend)
Wie,
Assad?
KÖNIGIN
(leicht)
Assad
nennt er sich?
Nun
wohl, für Assad bitt' ich dich.
SALOMON
(ernst)
Nicht
mir gehört des Frevlers Leben,
Dem
strengen Richtspruch ist's geweiht!
KÖNIGIN
Des
Königs Hand kann alles geben
Und
weigert mir die Kleinigkeit?
SALOMON
Was
ist er dir?
KÖNIGIN
(stolz)
Was er
mir ist?
(Verächtlich)
Ein
Nichts, das ich kaum weiß zu nennen!
Doch
alles, um jetzt zu erkennen,
Ob du
dem Gast gewogen bist.
(Schmeichelnd)
Sein
Leben!
SALOMON
Forderst
du's von mir?
In
jener Stunde hing sein Blick an dir,
Du
konntest ihn vom Bann erlösen,
Und
deinem Herzen ist er fremd gewesen.
KÖNIGIN
Ha!
Mein erster Wunsch,
dir
gilt er nichts!
Begehrtest
du von mir als Gabe,
(Mit
Größe)
Was
meine Krone Höchstes schmückt,
Dir
böt' ich alles, was ich habe,
Wenn
es dich einen Tag beglückt.
Duo
Ein
Weib, das unter Flehen
zum
erstenmal sich neigt,
Das
kannst du fühllos sehen
und
deine Großmut schweigt? Ach!
SALOMON
Locke
nur mit jenen Tönen,
Mit
denen du sein Herz berückt,
Nie
wird mein Ohr den Sinnen frönen,
Ich
habe deinen Plan durchblickt!
KÖNIGIN
Noch
einmal, wer er immer sei,
(Weich,
zögernd)
Ich
flehe -
(Bestimmt)
fordre!
Gib ihn frei!
(Der
König, der abgewendet stand, wendet
sich
bei dem Worte »fordre« hastig der
Königin
zu.Dann geht er, heftig erregt,
das
Gesicht abgewendet an ihr vorüber)
Er
schweigt - o Schmach - o bittrer Schmerz.
Es
kocht mein Blut - es zuckt mein Herz.
SALOMON
(verbindlich)
Willst
du zum Fest zurück nicht kehren?
Es
harret dein, o Königin!
KÖNIGIN
(heftig)
O
bittre Schmach, mich nicht zu hören,
Du
letzte Hoffnung fahre hin!
(Sie
richtet sich groß auf und tritt auf
Salomon
zu. Mit unterdrückter Stimme)
So
gilt dir meine Gunst so wenig?
Höhnst
du die Königin, den Gast?
Gib
acht, gib acht, du stolzer König,
Wen du
von dir gewiesen hast!
Die
Stunde wirst du noch verklagen,
Da du
gehört mich zu dir flehn,
Gib
acht, gib acht, in spätern Tagen
Wirst
du mich wiederkommen sehn,
Dann
stolzer Fürst, dann sollst du zittern,
Wenn
der Vergeltung Stunde naht.
Wenn
Sabas Eisenlanzen splittern,
Wenn
Zions Thron in Trümmer sinkt,
Dann
zittre, du stolzer Fürst!
SALOMON
Mich
schreckt nicht dein Drohen!
Der
Gott, der meinen Thron gegründet,
Er
heischt die Wahrheit und das Licht!
Die
Fackel, so die Nacht entzündet,
Verlöscht
vor seinem Angesicht.
Dein
Drohen macht mich nicht erzittern,
Du
findest mich zum Kampf bereit!
KÖNIGIN
Fahr'
wohl! Jetzt Götter! steht mir bei,
Was es
auch gilt
ich
mach' ihn frei!
(Sie
stürzt ab)
SALOMON
Fahre
hin!
Dritter
Auftritt
(Salomon
allein. Später Baal-Haanan)
SALOMON
Entlarvt
hat sich dein Herz,
du
Heuchlerin!
Die
dreimal ihn verraten, fahr' hin!
Und
du, mein Assad, kann ich dich erretten?
Nein,
nur du selbst kannst dich befrein,
Zerbrichst
du des Versuchers Ketten,
Wirst
du entsühnt, begnadigt sein.
BAAL-HAANAN
Der
Richterspruch ist gefällt,
des
Gotteslästrers Leben,
Es ist
verwirkt, nur du kannst Gnade geben!
SALOMON
Führ
Assad hierher zu mir!
FRAUENCHOR
(noch
hinter der Szene)
Weinet,
Töchter Salems, weinet laut.
SALOMON
Was
will der Trauerklang?
BAAL-HAANAN
Sulamiths
Grabgesang!
Sie
bittet darum, Sie zu sehen.
GANZER
CHOR
Die
Braut der Wonne ist des Jammers Braut.
O
weinet laut!
SALOMON
Sie
wird mich finden.
Vierter
Auftritt
(Baal-Haanan
winkt, der Vorhang öffnet sich.
Sulamith
in langem schwarzen Schleier,
umgeben
von ihren Gespielinnen und einer
Schar
von Jünglingen. Baal-Haanan geht ab)
CHOR
Wie
Jephthas Tochter zieht sie,
Gott
geweiht,
Aus
Kedrons Talen in die Einsamkeit!
O
weinet laut!
SALOMON
Sprich,
Sulamith,
was
hast du mir zu künden?
SULAMITH
(tritt
allein vor, alle andern
Bleiben
im Hintergrunde)
Die
Stunde, die ihn mir geraubt,
War
meine Totenfeier,
Die
Blumen riß ich mir vom Haupt
Die
Locken schnitt ich mir vom Haupt
Und
nahm den Witwenschleier!
Dem
Ew'gen hab' ich mich geweiht,
Und
fern in öden Mauern
Will
ich in heil'ger Einsamkeit
Um
meine Jugend trauern.
(Schmerzüberwältigt
bedeckt sie
weinend
und vom Könige abgewendet
ihr
Gesicht mit beiden Händen)
Doch
eh' ich in des Todes Tal
Zur
ew'gen Ruhe ziehe,
Umfass'
ich noch zum letztenmal,
Mein
König, deine Kniee:
O laß
ihn durch dein Machtgebot
Die
Freiheit, Herr, erwerben,
Errette
mir den Freund vom Tod,
Und
selig will ich sterben!
CHOR
(etwas
näher tretend)
O laß
ihn durch dein Machtgebot
Die
Freiheit, Herr, erwerben,
Rette
ihr den Freund vom Tod,
(Noch
näher tretend)
Nur du
kannst Gnade geben.
(Sulamith
ist, in Tränen erstickt, mit
beiden
Händen das Gesicht bedeckend,
vor
Salomon in die Knie gesunken. Der
Chor
kniet mit Sulamith zugleich nieder)
SALOMON
Vor
meinem Auge sinkt die Hülle,
Der
Zukunft Lichtstrahl dämmert schon.
CHOR
Horch,
lauscht in ehrfurchtvoller Stille!
(Alle
erheben sich langsam und stille.
Sulamith
steht, den König anstarrend,
in
gespanntester Erwartung)
SALOMON
(prophetisch)
Sieh,
dort am fernen Wüstensaum,
Bei
dem Asyl der Gottgeweihten
Hebt
einsam sich ein Palmenbaum,
Dorthin
wirst du die Schritte leiten.
Der
Ostwind weht in seinen Blättern,
In
Purpur hüllt der Abend sich,
Der
Friede senkt nach Sturmeswettern
Sich
über ihn und über dich!
SULAMITH
O
süße Hoffnung sei mein Stab,
Leb
wohl, ich zieh' in mein Grab!
CHOR
O
weinet laut!
(Der
König schreitet, Sulamith mit einer
Gebärde
auf den Trost des Himmels
verweisend,
dem Ausgang zu. Dort
wendet
er sich nochmals, geht heftig
bewegt
auf Sulamith zu, faßt ihre beiden
Hände,
sie voll Teilnahme anblickend,
legt
ihr die Hand wie segnend aufs Haupt
und
geht dann schmerzbewegt ab. Indem
Sulamith,
die während der stummen Szene
in
sich gesunken und bewegungslos
gestanden,
und alle übrigen sich zum
Ausgang
wenden, fällt langsam der Vorhang)
VIERTER AUFZUG
(Am
Saume der Wüste. Rechts im
Hintergrunde
erhöht, ein Asyl der
heiligen
Jungfrauen. Links im
Vordergrunde
eine hohe verdorrte Palme.
Schwüle
Luft.
Erster
Auftritt
(Assad
allein)
ASSAD
(tritt
von rechts auf, müde und gebrochen)
Wohin
lenk' ich die müden Schritte?
Vom
Tod hat mich des Königs Spruch befreit,
Und
mich verbannt in die Einsamkeit.
Verfemt
bin ich,
verstoßen
und gemieden,
Der
eignen schweren Schuld bewußt;
Gib
meiner todeswunden Brust,
Allmächtiger,
deinen Frieden.
Zweiter
Auftritt
(Assad.
Die Königin. Es dämmert)
KÖNIGIN
(von
rechts)
Assad!
ASSAD
(in
sich versunken)
Wer
ruft mir?
KÖNIGIN
Assad!
ASSAD
(bebend)
Traumgesicht!
Zerrinne,
fort! ich kenn' dich nicht!
KÖNIGIN
Ich
bin's! Durch der Wüste Pfade
Folgt'
ich dir, wie mein Herz geahnt!
Der
Liebe wundervolle Gnade
Hat
mir den Weg zu dir gebahnt.
O
komm, es harren die Kamele,
Nach
Sabas Reichen folgst du mir.
Mein
Assad! Abgott meiner Seele!
ASSAD
Willst
du noch einmal mich verhöhnen,
Du
Dämon, dem ich untertan?
KÖNIGIN
Nein,
nein, kein Dämon; unter Tränen
Fleh'
ich dich um Verzeihung an!
Dem
Wahn, der mir den Mund verschlossen,
Dem
falschen Ehrgeiz sprech' ich Hohn.
(Geheimnisvoll)
Ich
war's, ich war's, die dich umschlossen
Im
Mondenlicht am Libanon,
Ich,
eine Königin geboren,
Ich,
deine Sklavin, teurer Mann!
Ich
bin's, die sich an dich verloren,
Die
ohne dich nicht leben kann!
ASSAD
Laß
mich, du wirst mich nicht betören,
Nicht
weiden dich an meiner Pein.
KÖNIGIN
(innig)
Mit
meiner Liebe will ich zahlen,
So
reich, so voll, so unerhört!
Assad
sieh, der Liebe Flammen
Fassen
mich mit wilder Pein,
Kann
die Liebe mich verdammen?
Kann
die Liebe fühllos sein?
O
höre mich!
Sieh
die Tränen, die dir fließen,
Blut
des Herzens, das dich liebt!
Mein
Assad, ich liebe dich!
Deine
Knie will ich umschließen,
Bis
mein Assad mir verziehn.
(Sie
stürzt auf die Knie)
ASSAD
Ja,
ich kenne diese Flammen,
Sie,
die Quelle meiner Pein,
Gib
mir Kraft, sie zu verdammen,
Laß
mich, Ew'ger, gefühllos sein!
Laß
mich! Weh mir, welches Bangen,
Jeder
Nerv zittert wild
KÖNIGIN
O
komm!
(Sehr
zart)
Im
Schatten dunkler Palmen
Weiß
ich ein Plätzchen, niemand kund,
Der
Liebe nie verstandne Psalmen
Erklärt
dir flüsternd dort mein Mund,
Die
Blumen hauchen stille Küsse,
Im
Paradies, wo Liebe weilt,
Des
Lebens Blüt' voll Wonnesüße,
Sei
zwischen mir und dir geteilt.
(Leidenschaftlich
drängend)
O
zögre nicht, die Stunden fliehen,
O
komm, o komm! o laß uns ziehen,
Ins
Paradies der höchsten Lust!
Wo
Liebe schwelget Brust an Brust!
ASSAD
Wo bin
ich?
(Sich
fassend)
Herz,
du schwankest wieder!
(Erregt)
Ermanne
dich!
Allmächt'ger
Gott,
Dein
Strahl blitzt leuchtend auf mich nieder,
Dein
bin ich, dein, Herr Zebaoth.
Der
Tod soll mich mit dir versöhnen,
Die
ird'sche Welt werf' ich von mir;
Verführerin,
mit deinen Tränen
Lockst
du umsonst, mir graut vor dir.
KÖNIGIN
(heftig)
Assad!
ASSAD
Hinweg,
du lockst vergebens!
KÖNIGIN
Assad!
ASSAD
Fort,
ich verfluche dich!
KÖNIGIN
So
fahre hin,
Glück
meines Lebens,
Schatten
der Nacht, verschlinget mich!
ASSAD
Du
ewiger Richter meines Lebens,
In
deine Arme werf' ich mich!
(Die
Königin stürzt in höchster Erregung ab.
Assad
sinkt unter den Palmen zusammen)
Dritter
Auftritt
(Assad
allein)
ASSAD
Komm,
Tod, geendet sind die Qualen,
Der
Seele Kraft hab' ich ervrobt,
Der
wilde Sturm hat ausgetobt.
Mit
meinem Leben will ich zahlen
Der
Gotteslästerung schwere Schuld.
O,
nimm mich auf, du ew'ge Huld!
(Sich
erhebend, ruhig)
Als
Führer in das Jenseits tritt
Dein
lieblich Bild vor meine Seele,
Du
Engel, den ich mir erwähle,
Du
bist es, meine Sulamith.
(Die
Luft nimmt nach und nach eine düstere,
rötlich
glühende Färbung an. Mit warmer Innigkeit)
Du
Ew'ger, der mein Aug' gelichtet
Nach
der Verblendung trüber Nacht,
Du
Vater, der barmherzig richtet,
Was
seiner Kinder Wahn vollbracht,
O
neige dich aus deinen Höhen,
Erhöre
meine letzte Bitt',
Für
mich nicht ringt zu dir mein Flehen,
Herr,
Segen über Sulamith!
Ich
trage, was ich selbst verschuldet,
Mich
treffe deiner Strafe Pein,
Doch
sie, die nur für mich geduldet,
Laß
deiner Huld
empfohlen
sein!
Ein
letzter Gruß aus diesem Leben
An
die, die liebend für mich litt!
O
Gott, mögst du wie sie vergeben,
Herr,
Segen über Sulamith!
(Die
abziehende Königin mit ihrem Gefolge
erscheint
als Gruppe in einer Fata Morgana.
Das
Bild wird in dem darauffolgenden Sturme
verschlungen.
Sandwolken fegen im
Hintergrunde
über die Bühne, und verdunkeln
vorübergehend
die Luft)
Vom
Himmel tönt mir Antwort wieder,
(In
heftiger Steigerung)
Der
Samum peitscht der Wüste Meer,
Begrabet
meine müden Glieder,
Türmt
euch, ihr Wogen, um mich her!
Wenn
deiner Engel Tuben schallen,
Der
Richter mir entgegen tritt
Soll
noch mein letzter Hauch verhallen:
(Wie
ohnmächtig nach Luft und Atem ringend)
Herr,
Segen, dein Segen über Sulamith!
(Er
stürzt unter dem Palmbaum zusammen.
Eine
mächtige von rechts hereinbrechende
Sandwolke
stürmt nach links vor der Palme
vorbei.
Die Bühne ist vollkommen verfinstert.
Das
Vorbeiziehen dieser Sandwolke ist lange
andauernd
und nach und nach den Hintergrund
gänzlich
verhüllend, auch Assad wird unsichtbar.
Der
Sturm läßt allmählich bis zum vollkommenen
Erlöschen
nach)
Vierter
Auftritt
(Die
düstere landschaftliche Färbung hat einer
freundlich
heiteren Platz gemacht. Sulamith tritt
rechts
auf, von zwölf Jungfrauen begleitet und
bleibt
im Hintergrunde stehn.
FRAUENCHOR
(hinter
der Szene)
Uns're
Tränen tau'n auf deinen Schritt,
Auch
Zion weint um dich, o Sulamith!
O
weinet laut!
ASSAD
(das
Haupt hebend, mit sterbender Stimme)
Sulamith!
SULAMITH
Ha,
welche Stimme, ist's ein Traum?
(Sie
bleibt stehen)
CHOR
Ein
Sterbender dort unter dem Palmenbaum.
SULAMITH
(fliegt
hinzu und nimmt den
Schleier
zurück, ihn erkennend)
Assad!
Mein Assad!
ASSAD
(breitet
die Arme aus)
Sulamith!
O
Gott, erhört hast du mein Flehn,
Ich
darf sie sterbend wiedersehn!
SULAMITH
(kniend
neben Assad, umfaßt sein Haupt)
Du
stirbst - nimm meine Seele mit!
(Schmerzlich)
Das,
Seher, wolltest du mir künden!
ASSAD
(sehr
zart und innig)
O
süßer Traum!
In
deinen Armen darf ich scheiden.
Du
Engel!
kannst
du mir verzeihen?
SULAMITH
(sehr
zart und innig)
Die
ew'ge Liebe winkt uns beiden,
Im
Tode bist du wieder mein.
BEIDE
Im
lichten Schoß
der
ew'gen sel'gen Freuden,
Werd'
ich mit dir vereinigt sein!
ASSAD
(mit
letztem Aufflammen)
Erlösung!
- Sulamith!
(Er
sinkt sterbend zurück. Sulamith stürzt mit
einem
halberstickten Schrei über Assad)
CHOR
(kniend,
ergriffen)
Der
Freund ist dein,
Im
Reich der ewigen Liebe!
(Die
Nebel zerteilen sich, Cherubine
mit
Harfen, Zymbeln und Tuben
werden in den Wolken sichtbar)
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