ERSTER AKT
Ouvertüre
(Ländliche Gegend
Seitwärts das Haus des
Schulmeisters, gegenüber
Gretchens Wohnung,
im
Hintergrunde das
Wirtshaus. Im
Vordergrunde
auf
jeder Seite eine Bank)
Erster
Auftritt
(Landleute tanzen eine
Art Konter, die älteren
sitzen
zur Seite auf Bänken und sehen
zu.
Baculus und Gretchen
tanzen in der
Mitte. Auf
einem Tische
seitwärts sitzen die
Musikanten.
Der Tanz
endet mit
einer Gruppe, dann
allgemeiner Chor)
ALLE
Es lebe
das Brautpaar!
LANDLEUTE
So
munter und fröhlich wie
heute
Beim
Tanze, beim Weine
So
möchten wir, ihr lieben
Leute
Recht
oft uns des Lebens
freun.
Herr
Baculus, er soll leben
Denn er
hat dies Fest uns
gegeben
Und möge
sein Ehestand eben -
So
heiter und fröhlich
sein.
GRETCHEN, BACULUS
Danke!
Danke! Danke! Danke!
Unsre
Ehe wird geraten!
GRETCHEN
Denn
mein Alter liebt mich
sehr!
BACULUS
Denn
mein Gretchen liebt mich
sehr!
GRETCHEN, BACULUS
Freilich
könnte es nicht schaden
Wenn er
(ich) etwas jünger wär’!
BACULUS
Mein
Gesicht, was meinst du,
Gretchen?
Ist
nicht mehr ganz jung und
schön.
GRETCHEN
Ach, ich
hab’ in meinem Leben
Sie weit
hässlicher gesehn.
BACULUS
Der
fromme Christ
sieht
aufs Gemüt.
GRETCHEN
Mit
meiner Frömmigkeit
steht’s schlecht.
BACULUS
Schulmeistrin sein
nicht
wahr, das zieht?
GRETCHEN
Ja,
weiss es Gott; da hat Er
recht!
BACULUS
Du
spassest, mein Kind.
GRETCHEN
Wahrhaftig nicht!
Es ist
mein Ernst!
BACULUS
Du
Schelmengesicht!
GRETCHEN
Wahrhaftig!
BACULUS
Du
Schelmin!
GRETCHEN
‘s ist
mein Ernst, jajajajaja
Jajajajaja!
BACULUS
Du
spassest!
Hahahahahahahahaha!
LANDLEUTE
Seht
doch den verliebten
Streit!
Hahahahahahahahahahahaha!
-
So
munter und fröhlich wie
heute
Beim
Tanzen, beim Weine
So
möchten wir, ihr lieben
Leute
Recht
oft uns des Lebens
freun.
Herr
Baculus, er soll leben
Denn er
hat dies Fest uns
gegeben
Und möge
sein Ehestand eben -
So
heiter und fröhlich
sein!
(Vogliono rimettersi a
danzare)
EIN
HOCHZEITSGAST
Man wird
müd’ vom vielen
Springen;
Lasst
uns lieber etwas singen
Ein
fideles Lied mit Chor.
BACULUS
Euch zu
Diensten
schlagt
nur vor.
LANDLEUTE
Herr
Baculus, Ihr seid ein
Mann
Der
schöne Reime machen
kann.
BACULUS
Wohlan;
ein Lied, euch
unbekannt
Charaktrisierend meinen
Stand
Will ich
zum besten geben;
Ihr
singt den Chorus dann.
GRETCHEN, LANDLEUTE
Singen,
singen ist unser Leben!
Fangt
an! Fangt an! Fangt an!
BACULUS
Ich
fange an!
Lied
BACULUS
A, B, C,
D
Der
Junggesellenstand tut
weh
E, F, G,
H
Sind
erst die lieben Jahre
da
I, K, L,
M, N, O, P
Darum
tät mit süssem Bangen
Q, R, S,
T, U, V, W
Nach dem
Ehstand mich verlangen.
Nahet
sich des Lebens Winter
Kommt
man endlich doch
dahinter
Dass der
Mensch nur halb
geniesst
Wenn er
ganz alleine ist.
Darum
nehm’ ich mir ein
Weibchen
Führ’
ein Leben wie ein
Täubchen
Sag’ dem
Stand der Junggesellen
nun Valet!
X,
Yps’lon, Z!
GRETCHEN
Ach, das
wird ein Leben sein!
BACULUS
Ach, das
wird ein Leben sein
Dass
sich darob die lieben
Engel freun!
X,
Ypsilon, Z, TZ!
GRETCHEN
Dass
sich darob die lieben
Engel freun!
X,
Ypsilon, Z, TZ!
CHOR
A, B, C,
D, E, F, G, H, I, K, L,
M, N, O, P,
Q, R,
S, T, U, V, W, - W, W,
W, W!
X,
Ypsilon, Z, TZ!
GRETCHEN
A, B,
C, D,
Das
schöne Gleichnis, ich
gesteh’,
E, F, G,
H,
Passt
herrlich,
denn es
liegt ganz nah;
I, K, L,
M, N, O, P,
Warum
sollt’ es denn im Leben,
Q, R, S,
T, U, V, W,
Nicht
auch alte Täuber geben?
Besser
was, als nichts auf
Erden,
Hausfrau
muss ich einmal werden;
Er baut
mir ein Nestchen fein,
Drum
will ich zufrieden sein.
Also
nehm’ ich einen Alten,
Sehe
nicht die vielen Falten,
Drück’
ein Auge zu, denk’,
er wär’
jung und nett!
X,
Yps’lon, Z!
Ach, das
wird ein Leben sein!
BACULUS
UND GRETCHEN
Ach, das
wird ein Leben sein,
usw.
LANDLEUTE
A, B, C
usw.
BACULUS
A, B, C,
D
Und
welche Freude ist’s,
herrje!
E, F, G,
H.
Hört man
sich rufen erst Papa,
I, K, L,
M, N, O, P,
Fühlt
man schmeichelnd
sich
umfangen,
Q, R, S,
T, U, V, W -
Von
recht ungezognen Rangen,
Die,
erhält der liebe Gott
sie,
Man
erzieht nach Pestalozzi;
Welche
Wonne, wenn die Frucht
Dann
gedeiht durch milde
Zucht.
(Pantomime des Prügelns
)
Darum
nehm’ ich mir ein
Weibchen, usw.
GRETCHEN
UND BACULUS
Ach, das
wird ein Leben sein usw.
CHOR
A, B,
C usw.
Zweiter
Auftritt
(Die
Vorigen. Ein
Jäger tritt auf
und überreicht Baculus
ein Schreiben )
BACULUS
Vom
Herrn Grafen!
(Der
Jäger entfernt sich
wieder)
GRETCHEN, LANDLEUTE
Vom
Herrn Grafen?
Vom
Herrn Grafen?
BACULUS
(für
sich)
Grosser
Gott, was mag das sein?
Sollt’
er meine Jagdlust
strafen?
(Laut
und freundlich)
Sicher
ladet er uns ein.
GRETCHEN
(freudig)
Ach, das
ist schön! Ihr alle
wisst
Dass
morgen sein Geburtstag
ist.
Da
müssen wir, das wird ihn
rühren
Ihm
untertänigst
gratulieren.
LANDLEUTE
Da
müssen wir ihm
gratulieren!
(Baculus
hat inzwischen
gelesen und
steht starr da)
LANDLEUTE
Es
scheint, der Brief macht
Euch Verdruss.
Warum so
ernst, Herr Baculus?
BACULUS
(sich
mit Mühe sammelnd)
Es
wünscht im Schulfach
unser Herr
‘ne
kleine Ändrung
vorzunehmen
Und
darum fragt er mich um
Rat.
LANDLEUTE
Zu viele
Güte in der Tat!
BACULUS
(für
sich)
O meine
Lage ist desperat!
O meine
Lag’ ist desperat!
LANDLEUTE
Zu viele
Güte in der Tat!
BACULUS
(laut)
Lasst,
liebe Gäste, euch nicht
stören
Und
geht, die Fröhlichkeit
zu mehren
Hinauf
in meines Nachbars Saal
Dort
harrt auf euch das
Abendmahl.
LANDLEUTE
So
munter und fröhlich wie
heute
Beim
Tanze, beim Weine
So
möchten wir, ihr lieben
Leute
Recht
oft uns des Lebens
freun.
Herr
Baculus, er soll leben
Denn er
hat dies Fest uns
gegeben
Und möge
sein Ehestand eben -
So
heiter und fröhlich
sein!
(Baculus
und Gretchen stellen
sich zur Tür des
Wirtshauses und lassen
die
Gesellschaft
paarweise
eintreten. Gretchen
will folgen.
Baculus
hält sie Zurück
und führt sie vor)
Dritter
Auftritt
(Gretchen. Baculus)
BACULUS
(seufzend)
Grete!
GRETCHEN
Herr
Sebastian?
BACULUS
(wie
oben)
Grete!
Grete!
GRETCHEN
Nun, was
will Er denn?
BACULUS
Da haben
wir die Pastete!
GRETCHEN
Ach, was
Pastete!
Nichts
Feines haben wir, nicht
einmal
einen Wildbraten –
weil Er
dumm war.
BACULUS
Du hast
deine liebe Sippschaft
eingeladen,
du willst
hoch traktieren und
meintest,
ohne
Wildbraten wäre der
Schmaus
nicht vornehm
genug -
GRETCHEN
Nun ja,
wofür heirate ich Ihn
denn? Ich bin genug
verspottet worden. Das
junge hübsche Gretchen
sagten
die Leute, und der alte
hässliche Schulmeister.
BACULUS
Nu, nu -
GRETCHEN
Ich
dachte spottet
ihr nur!
Kann ich nur
erst recht traktieren
so
stimmt ihr ein andres
Liedchen an
und ist
vollends ein Rehbraten
dabei,
so platzt ihr alle vor
Neid.
BACULUS
Nun bin
ich denn auf dein
Begehren
in der
Dämmerung
hinausgeschlichen und
habe im Tiergarten
des
Herrn einen feisten
Rehbock geschossen.
GRETCHEN
Und ist
dumm gewesen
und hat
sich ertappen lassen!
BACULUS
Rede
nicht so einfältig; ich
bin ja doch kein
Wilddieb
von Profession, du
hättest mich sollen
stehen
sehen mit dem Mordgewehr
in der Hand.
Siehst
du, so stand ich da und
überlegte,
ob ich
losdrücken sollte oder
nicht;
und das gute
Tier soviel
ich in
der Dämmerung
erkennen konnte
stand so
ruhig da, als ob es
fragen wollte: »
Ist das
Nächstenliebe?
« Bauz,
da ging der Schuss los,
und gleich
darauf ich auch,
weil
ich jemand kommen hörte;
am Ende des Tiergartens wurde
ich erwischt
und ich
glaubte bis jetzt noch
gut weggekommen
zu sein,
dass ich nur die Flinte
eingebüsst hatte.
GRETCHEN
Und wo
bleibt denn nun der
Rehbock?
BACULUS
Hol der
Kuckuck den Rehbock!
Wenn ich nur erst
wüsste,
wo der Schütze bliebe.
Der gnädige Herr
hat mir
soeben in dem Schreiben
ganz
freundschaftlich
erklärt, dass er mich
auf der
Stelle meines Amtes
entsetzt
und ich
mich zum Teufel packen
soll.
Höre,
Gretchen - ich wüsste
wohl ein Mittel - wenn
du
wolltest - aber nein -
wenn du auch wolltest
ich will
nicht.
Duetto
GRETCHEN
Lass Er
doch hören! Lass Er doch
hören!
BACULUS
Bei
diesem schlimmen Fall
Hilft
weiter nichts als
bitten.
Nur bin
ich bei dem Herrn
Nicht
gar zu wohl gelitten.
Wenn du
nun gingst und bätest
Bei
unserm gnäd’gen Herrn
Das
wirkte, denn er siehet
Die
hübschen Weiber gern.
GRETCHEN
Sieh mal
an, die Pfiffigkeit
Hätt’
ich Ihm nicht angesehn.
Weil es
denn nicht anders ist
Will ich
Ihm zuliebe gehn.
BACULUS
Ne,
Gretchen, so vermehrte
Am End’
sich mein Malheur
Und mir
blieb von dem Bocke
Nichts
als das Zubehör.
GRETCHEN
Pfui,
pfui!
Schäm Er
sich!
BACULUS
Ich wäre
närrisch ganz und gar.
GRETCHEN
Ich bin
ihm treu auf ewig!
BACULUS
Bis
jetzt noch, das ist
wahr.
GRETCHEN
Ich
werd’ nach fünfzig
Jahren
Ihm auch
so treu noch sein.
BACULUS
Ganz
recht, nach fünfzig
Jahren,
Da
stimm’ ich selber ein!
GRETCHEN
Ich bin
ein ehrbar Mädchen!
BACULUS
Ei,
Kind, das weiss ich ja!
GRETCHEN
Tret Er
nicht meiner
Treu’ zu
nah!
BACULUS.
Ei,
Kind, das weiss ich, das
weiss ich ja!
GRETCHEN
So darf
ich?
BACULUS
Was
denn, Gretchen?
GRETCHEN
Aufs
Schloss?
BACULUS
Wohin?
GRETCHEN
Aufs
Schloss!
BACULUS
Nein, du
bleibst da!
GRETCHEN
So
empfindlich mich zu
kränken
Und so
argwöhnisch zu sein!
Wart,
das werd’ ich Ihm
gedenken,
Kann ich
niemals Ihm verzeihen.
Nun will
Er mich gar bewachen!
Was sie
sagten, wird doch wahr:
Glücklich kann mich
niemals machen
Solch
verliebter alter Narr.
BACULUS
Kind,
ich will dich gar nicht
kränken
Aber
klug muss man doch sein
Niemand
wird mir das verdenken
Freilich
siehst du das nicht ein.
Magst du
weinen oder lachen
Deiner
Tugend droht Gefahr;
Wollt’
ich diese nicht
bewachen
Wär’ ich
wohl ein ganzer Narr.
GRETCHEN
(setzt
sich, das Gesicht von
ihm
gewendet, auf eine Bank
und schluchzt)
Ich
armes, armes Mädchen
Wie wird
es mir ergehn?
BACULUS
(setzt
sich auf die andere
Seite zu ihr; sie
dreht sich um)
Herzallerliebstes
Gretchen
Versuch’s, mich
anzusehen.
GRETCHEN
Ich will
nicht!
BACULUS
Nur ein
bisschen!
GRETCHEN
Ich will
nicht!
BACULUS
So tu es
doch
Dann
reich’ ich dir ein
Küsschen!
GRETCHEN
Nun ja,
das fehlte noch!
(Sie
steht auf)
Ich kann
Ihn nicht mehr leiden
Er mag
fortan mich meiden
Aus ist
es mit uns beiden
Ich will
Ihn nicht mehr sehn.
Aus,
aus, aus ist’s
Ich will
ihn nicht mehr sehn!
Aus,
aus, aus ist’s
Er kann
Seiner Wege gehn!
BACULUS
Wie?
Trau’ ich meinen Ohren?
Denkst
du nicht mehr daran
Dass
Treue du geschworen
Deinem
Sebastian?
(Sehr
gerührt)
Wie
kannst du so mein Herz
touchieren?
Denkst
du daran, als du - noch
klein -
Das Abc
nicht konnt’st kapieren
Mit
Sanftmut paukt’ ich dir
es ein.
Früh
starben Vater dir und
Mutter
Ich nahm
mich der
Verwaisten an
Gab
Obdach, Kleidung dir und
Futter
O
Gretchen, denkst du noch
daran?
O
Margarete
denkst
du noch daran? -
GRETCHEN
(besänftigt)
Viel
Dank bin ich Ihm
schuldig
Er nahm
sich meiner an
Drum
fügt’ ich mich geduldig
Will
nehmen Ihn zum Mann.
Nur muss
Er mich auch quälen
Mit
Eifersucht nicht mehr.
BACULUS
Was soll
ich dir’s verhehlen?
Ich
liebe dich zu sehr.
GRETCHEN
(schmeichelnd)
Ich hab’
Ihn auch lieb.
BACULUS
(entzückt)
Mädchen!
GRETCHEN
Das
weiss Er ja!
BACULUS
Ich bin
dem Wahnwitz nah!
GRETCHEN
So darf
ich?
BACULUS
Was
denn, Gretchen?
GRETCHEN
Aufs
Schloss?
BACULUS
Wohin?
GRETCHEN
Aufs
Schloss!
BACULUS
Nein, du
bleibst da!
GRETCHEN
So
empfindlich mich zu
kränken
Und so
argwöhnisch zu sein!
Wart,
das werd’ ich Ihm
gedenken,
Kann ich
niemals ihm verzeihn.
Nun will
Er mich gar bewachen!
Was sie
sagten, wird doch wahr:
Glücklich kann mich
niemals machen
Solch
verliebter alter Narr.
BACULUS
Kind,
ich will dich gar nicht
kränken,
Aber
klug muss man doch sein;
Niemand
wird mir das verdenken,
Freilich
siehst du das nicht ein.
Magst du
weinen oder lachen,
Deiner
Tugend droht Gefahr;
Wollt’
ich diese nicht
bewachen,
Wär’ ich
wohl ein ganzer Narr.
(Gretchen eilt zur
Seite;
Baculus folgt ihr)
Vierter
Auftritt
(Baronin
in Männerkleidern, tritt
von
der
entgegengesetzten Seite
auf)
Aria
BARONIN
Auf des
Lebens raschen Wogen
Fliegt
mein Schifflein leicht
dahin,
Keine
Wolk’ am Himmelsbogen
Trübet
mir den heitern Sinn;
Denn
mein Heute gleicht dem
Gestern,
Fessellos sind Herz und
Hand,
Darum,
meine trauten
Schwestern,
Lob’ ich
mir den Witwenstand.
Mein
Gemahl, Gott hab’ ihn
selig,
War
zuerst so übel nicht,
Fein,
galant, jedoch
allmählich
Zeigt er
sich in anderm Licht.
Stolz,
gebietrisch,
eifersüchtig,
Liebt’
er Pferde nur und Jagd;
Darum
hat die kurze Ehe
Wenig
Freuden mir gebracht.
Auf des
Lebens raschen Wogen
usw.
Zwar mag
es im Ehstand geben
Oft auch
hellen Sonnenschein,
Ja, bei
ein’gen soll’s ein Leben
Wie im
Paradiese sein.
An der
Hand des liebenden
Gatten
Durchs
Leben eilen, die Sorgen
teilen
So wie
die Lust, an seiner
Brust
Das
ganze Dasein ihm nur
weihn -
Oh, es
muss schön,
muss
herrlich sein!
Herz,
gib dich zufrieden,
solch
Glück wär’ zu gross!
Ward mir
doch beschieden ein
ruhiges Los!
Ja, auf
des Lebens raschen Wogen
usw.
Fünfter
Auftritt
(Baronin.
Nanette, ebenfalls in
Männerkleidern)
NANETTE
Der
Kutscher hat ausgespannt
und füttert die
Pferde.
BARONIN
Er mag
sich Zeit nehmen, denn
ich bin
entschlossen,
zu Fusse
nach dem Schlosse zu
wandern.
NANETTE
Und
werden wir dort unsere
Mummerei ablegen?
BARONIN
Das
kommt darauf an - sobald
wohl noch nicht.
NANETTE
Ach,
gnädige Frau, es wird
nicht lange währen,
so
entdeckt man,
dass wir
keine Herren der
Schöpfung sind.
BARONIN
Gesetzt
auch, man argwöhnte,
ich sei
ein Frauenzimmer,
so weiss
man doch immer nicht,
welches.
Mein
Bruder hat mich seit
meiner
Kindheit
nicht gesehen.
NANETTE
Erwartet
aber Ihre Ankunft.
BARONIN
Gelingt
es mir nur, einen Tag
ihn zu täuschen,
nur bis
ich den mir bestimmten
Herrn
Bräutigam gesehen.
NANETTE
Aha! Sie
wollen
ihn
unerkannt prüfen.
BARONIN
und dann
- ein wenig Neugier: man
macht so viel
Rühmens
von diesem Baron
Kronthal.
NANETTE
Oh, wenn
Sie neugierig sind, so
darf ich auch
noch
hoffen.
Warum
wollten Sie auch bei
Jugend,
Schönheit und Reichtum
sich
in den
Witwenschleier
wickeln,
bloss weil Ihr
verstorbener
Gemahl
nicht liebenswürdig war?
BARONIN
Nicht
deswegen, sondern weil
die Männer meines Standes
heutzutage
alle nichts
taugen.
NANETTE
Dann
nähme
ich mir
einen Bürgerlichen.
BARONIN
Genug
davon, lass uns unsere
Wallfahrt antreten.
NANETTE
Aber es
wird bald dunkel,
wenn
wir nur den Weg nicht
verfehlen -
BARONIN
Da
kommen Leute,
die wir
fragen können.
Sechster
Auftritt
(Die
Vorigen. Gretchen läuft
voraus, Baculus
hinter ihr her)
GRETCHEN
Lass Er
mich in Ruhe; geh
Er
lieber hinauf zu den
Gästen,
die werden nicht wissen,
wo wir
bleiben.
BACULUS
Ja,
Grete, aber du gehst
mit.
GRETCHEN
Nein,
ich bleibe da.
BARONIN
Der
Kleidung nach habe
ich wohl
die Ehre -
BACULUS
Zu
dienen. Ich bin der
Schulmeister
des
Orts.
GRETCHEN
Aber
nicht lange mehr.
BARONIN
Wie soll
ich das verstehen?
BACULUS
Nun
sieht Er - aber wer ist
Er denn
eigentlich?
BARONIN
Ich bin
- Student.
BACULUS
Ah so -
ein hübsches Kerlchen!
Und der andre?
BARONIN
Mein
Stubenbursch!
GRETCHEN
Auch ein
hübsches Kerlchen!
BACULUS
(Für sich)
Er hat
mir aber so einen
gewissen
Ernst in
seinem Wesen und kann
mir vielleicht
einen
guten Rat erteilen.
(Zu Baronin)
Also,
wie schon erwähnt, ich
bin Schulmeister.
GRETCHEN
Schiesst
aber auch Böcke.
BACULUS
(mit
einem gewichtigen Blick)
Du sei
ganz stille. Und da
hatte ich denn das
Unglück,
im Tiergarten des Herrn
Grafen einen
Rehbock
zu schiessen.
GRETCHEN
Und da
ist der Graf böse
geworden, und will ihn
vom Amte
jagen.
BACULUS
So lass
mich doch -
GRETCHEN
Und da
muss nun auf ein Mittel
gedacht werden,
den
Herrn Grafen zu
versöhnen.
So waren
wir übereingekommen,
ich
sollte aufs Schloss
gehen und den gnädigen
Herrn um
Verzeihung bitten;
mir
schlüge er gewiss nichts
ab.
BACULUS
Weisst
du das schon so gewiss?
GRETCHEN
Nun will
er aber nicht, weil er
eifersüchtig ist.
BARONIN
Hat denn
der Graf Eurer Braut
schon
nachgestellt?
BACULUS
Ei, er
kennt sie noch gar
nicht; wenn er sie aber
sieht,
wird die Sache gleich in
Ordnung sein;
er hat
ein entzündbares Herz.
BARONIN
(für
sich)
Mein
Bruder steht in einem
saubern Renommee.
BACULUS
Also
muss auf andere
Weise
Rat geschafft werden.
BARONIN
UND GRETCHEN
Aber
wie?
BACULUS
Ich
werde mich an die Frau
Gräfin wenden,
die soll
viel über den Herrn
vermögen.
GRETCHEN
Die Frau
Gräfin mischt sich nicht
in dem Herrn
seine
Angelegenheiten.
(Baculus
und Gretchen debattieren
leise)
BARONIN
(sanft
zu ihr)
Nanette!
Ich habe
einen köstlichen
Einfall.
Du hast
recht, die Männerkleider
möchten
doch
Verdacht erregen.
Quartetto
BARONIN
Was
meint Ihr, lieber
Freund,
Sollt’
es mir wohl gelingen,
Das
Aussehen eines hübschen
jungen
Mädchens
zu erringen?
BACULUS, GRETCHEN
Ei nun,
warum denn nicht?
Er hat
ein glatt’ Gesicht.
BARONIN
Nun,
Leutchen, wisst ihr was?
Gebt mir
ein Frauenkleid,
Wir
machen uns den Spass
Und gehn
aufs Schloss noch heut.
Da Ihr
dem gnäd’gen Herrn
Nicht
ganz besonders traut,
So gebet
mich dort aus
Für
Gretchen, Eure Braut.
Ein
Bräut’gam ohne Brot,
Das wär’
ja ewig schade.
Ich
helf’ Euch aus der Not
Und
bitt’ für Euch um Gnade.
BACULUS
UND GRETCHEN
Ein
toller Einfall ist es
zwar,
Doch
kann er Nutzen bringen;
So ein
Student, es bleibet
wahr,
Weiss
Rat in allen Dingen.
Doch
wenn der Spass
misslingt,
Dann
steht es schlimm, es
bringt
Uns
desto grössern Schaden!
Doch Mut
gefasst!
Hoffentlich glückt der
Spass;
Morgen
sind wir / bin ich
vielleicht schon
geborgen, Hoffentlich
glückt der Spass!
BARONIN
Ein
toller Einfall ist es
zwar,
Doch
kann er Nutzen bringen;
Vielleicht kann selber
ich sogar
Mir
Vorteil auch erringen.
Wenn
auch der Spass
misslingt,
Was
liegt daran, es bringt
Mein
Ansehn ihm nicht
Schaden,
Drum Mut
gefasst!
Hoffentlich glückt der
Spass;
Morgen
seid ihr vielleicht
schon geborgen.
Hoffentlich glückt der
Spass!
NANETTE
Ein
toller Einfall ist es
zwar
Doch
kann er Nutzen bringen;
Die
gnäd’ge Frau, es bleibet
wahr
Weiss
Rat in allen Dingen.
Wenn
auch der Spass
misslingt
Was
liegt daran, es bringt
Ihr
Ansehn ihm nicht
Schaden.
Drum Mut
gefasst!
Hoffentlich glückt der
Spass;
Morgen
ist er vielleicht schon
geborgen.
Hoffentlich glückt der
Spass!
BACULUS
Nun,
Grete, schnell hinein
Und hole
Deinen Staat.
GRETCHEN
Sogleich.
Ich geh’
doch mit?
BACULUS
Ja, du
wärst gleich parat;
Das geht
nicht.
GRETCHEN
Ei,
warum nicht?
Soll ich
alleine bleiben?
BARONIN
Sie kann
mit meinem Freunde
Sich ja
die Zeit vertreiben.
BACULUS
Den
Teufel auch!
Gelegenheit macht Diebe!
GRETCHEN
Er sieht
so fromm
tu Er
mir das zuliebe!
BACULUS
Fromm
hin, fromm her!
NANETTE
Ihr
zweifelt?
BARONIN
Ihr
wollt nicht?
Meinetwegen
So
unterbleibt es.
(Sie
will gehen)
BACULUS
Nun ja
doch, habe nichts
dagegen.
GRETCHEN
(zur
Baronin)
So gehe
ich hinein,
Hol ihm
‘nen Anzug schmuck und
fein.
BACULUS
So geh
hinein! So geh hinein!
(Gretchen ab ins Haus)
BACULUS
(zu
Nanette)
Pst!
Herr Stubenbursch,
ich
will Ihm etwas sagen!
Wenn Er
es mir verspricht,
recht
brav sich zu
betragen,
Wenn Er
mir das verspricht,
So geb’
ich, dass die Zeit nicht
lang Ihm wird,
So’n
siebzig Schreibebücher,
die Er korrigiert;
Da kann
Er sich ein Weilchen
amüsieren.
(für
sich)
Die
Grete sperr’ ich ein,
darauf
kann sie parieren.
GRETCHEN
(mit dem
Anzuge)
Da bin
ich.
BACULUS
Junger
Herr, nun komm Er, folg
er mir,
Ich
kleid’ Ihn an.
BARONIN
Ich
bitte, bleib Er nur
ruhig hier;
Das tue
ich allein,
ich bin
darin sehr eigen.
GRETCHEN
So will
ich Ihm die Oberstube
zeigen.
BACULUS
Warum
nicht gar, das wird
durch mich
geschehn.
GRETCHEN
Ich
freu’ mich drauf, als
Mädchen Ihn zu sehn.
BACULUS, GRETCHEN
Ein
toller Einfall ist es
zwar ecc.
BARONIN
Ein
toller Einfall ist es
zwar, ecc,
NANETTE
Ein
toller Einfall ist es
zwar, ecc.
(Baronin
mit den Kleidern ins
Haus ab. Baculus
folgt ihr)
Siebenter Auftritt
(Gretchen. Nanette)
NANETTE
Sagt
mir, schönes Kind,
ist
denn das wirklich Euer
Schatz?
GRETCHEN
Schatz?
- Nein, er ist mein
Bräutigam.
NANETTE
Wie
konntet Ihr Euch
entschliessen, solch
‘nen
alten
Perückenstock zu
heiraten?
GRETCHEN
Herr
Student, das versteht Er
nicht. Wenn
unsereins fünfundzwanzig
Jahre alt und noch
nicht
unter der Haube ist, so
fangen die Leute an
von
alten Jungfern zu
munkeln, und das klingt
so
hässlich, dass man
denkt, ein alter Mann
ist
doch
besser als gar keiner;
ausserdem hat der
Herr
Sebastian einen recht
einträglichen Posten;
das Dorf
ist gross, und Kinder
haben wir - ich
meine
unser Dorf - Er glaubt
nicht, Herr Student
wie
reich gesegnet wir mit
Kindern sind.
NANETTE
Wann
wird denn Eure Hochzeit
sein?
GRETCHEN
In acht
Tagen - soll die
Hochzeit sein. Nun denke
Er sich
das Unglück, wenn der
Herr Sebastian um
seine
Stelle käme.
NANETTE
Ich,
meinesteils
würde
darüber gar nicht böse
sein.
GRETCHEN
Oh,
garstiger Mensch!
Freundlich.
Warum
denn?
NANETTE
Weil ich
mich alsdann um die
Stelle bewerben
würde,
und - wenn mir’s
gelänge, auch um die
Braut.
GRETCHEN
O geh
Er!
Achter
Auftritt
(Die
Vorigen. Baculus)
BACULUS
He!
Führt Er
sich nicht ordentlich
auf?
NANETTE
Also auf
Wiedersehen, schöne
Braut.
(ab)
BACULUS
Ja, wart
Er, ich will Ihm die
Wiedersehens –
Gedanken
schon vertreiben.
(Der
Refrain des nächsten
Musikstücks
beginnt)
Was ist
denn das für ein
Geblase?
Kann ich
denn von den Hörnern gar
nicht
loskommen? So wahr ich
lebe, das ist
der
gnädige Herr mit seiner
Jagdgesellschaft.
GRETCHEN
Der Herr
Graf?
BACULUS
(sie
zurückdrängend)
Marsch
hinauf, und lass dich
nicht blicken, so
lange er
hier ist.
GRETCHEN
Ich
wollte gern die Musik
hören.
BACULUS
Die will
ich dir morgen auf der
Orgel vorspielen.
Fort!
Fort!
(zieht
sie ins Wirtshaus)
Neunter
Auftritt
(Der Graf
und der Baron treten
auf
mit Jagdgefolge)
Jagdlied
GRAF,
BARON, JÄGER
Seht
dort den muntern Jäger,
Den
wilden Büchsenträger,
Er zieht
aus stillem Haus
Ganz
früh zum Wald hinaus.
Im Auge
glänzt die Freude,
Ein Horn
an seiner Seite;
Weil sie
ihm engt die Brust,
Haucht
er ins Horn die Lust.
Drum
liebt das Horn der
Jäger,
Der
wilde Büchsenträger.
Trara!
Trara! Trara!
Wenn
spät die Sonne scheidet,
In Gold
die Berge kleidet,
Er heim
die Schritte lenkt
Und
heiss ans Liebchen
denkt.
Des
Jägerhornes Lieder,
Sie
hallen waldwärts wider
Und
locken seinen Schatz
Zum
kühlen Eichenplatz.
Drum
liebt das Horn der
Jäger,
Der
wilde Büchsenträger,
Trara!
Trara! Trara!
Sitzt
sie ihm nun zur Seite,
Dann
haucht er Lust und
Freude
Süss aus
in einem Kuss,
Vergisst
des Hornes Gruss;
Das legt
er auf den Rasen,
Zu
seinen toten Hasen
Und
schwelgt in freud’ger
Lust
An
seines Liebchens Brust!
Da
braucht kein Horn der
Jäger,
Der
zahme Büchsenträger.
Trara!
Trara! Trara!
GRAF
(zu den
Jägern)
Eine
kurze Rast, Kinder, dann
ziehen wir weiter.
Erquickt
euch.
(Die
Jäger gehen ins
Wirtshaus)
GRAF
(zum
Baron, der sich auf die
Bank
vor Baculus’
Haus gesetzt)
Müde vom
Jagen, Herr Bruder, oder
hat unser
Jagdlied, mit seinen
Anspielungen
auf das
Glück der Liebe,
deinen
Weltschmerz wieder rege
gemacht?
BARON
Und wenn
es so wäre,
könnte man
es mir verargen?
Du
weisst -
GRAF
Aber,
ich bitte dich, höre
doch endlich auf,
das alte
Lied deiner missratenen
Ehe zu singen! –
Du
hattest
eine
glückliche Idee, dich
nach dem Trauerjahr
hierherzuflüchten; wir
haben hier in der Gegend
einen
herrlichen Mädchenflor;
da suche dir aus,
Herr
Bruder, und gesetzt, du
fändest keine, deren
Blick
dich fesselte,
nun so
haben wir ja noch meine
Schwester, deren Ankunft
ich täglich erwarte
- welche
Freude,
wenn ihr
euch gegenseitig
behagtet.
Schon
habe ich in meinen
Briefen ihr einen
Wink
gegeben.
BARON
Das ist
mir nicht lieb.
Eben um
eine
Gelegenheitsmacherei
zu
vermeiden, kam ich
hierher unter dem
Titel
eines Stallmeisters.
Meine
eigene Schwester,
deine
Gattin, die das
elterliche Haus
verliess, als
ich noch
ein Kind war, ahnt
nicht, dass ich ihr
Bruder
sei, ja, ich habe mir
sogar erlaubt, ihr ein
wenig
den Hof zu machen.
GRAF
Ei, du
Spitzbube, meine ehrbare
Gemahlin zum
besten
zu haben?
Und wie
lange gedenkst du dein
Inkognito zu behaupten?
BARON
Vielleicht nur bis
morgen.
Entweder
wähle ich mir
morgen
eine Frau oder ich ziehe
weiter.
GRAF
Doch
nicht, ohne meine
Schwester gesehen zu
haben?
BARON
Das kann
ich dir nicht
versprechen. Der
Gedanke,
sie sei
mir bestimmt, macht sie
mir schon zuwider.
Nur
meinem Herzen will ich
folgen, wes Standes
die
Erkorene auch sei.
(Man
hört im Wirtshaus einen
Toast
ausbringen)
GRAF
Was
Teufel ist denn da los?
BARON
Gewiss
ein Fest.
GRAF
Eine
Hochzeit!
Bruder, so
eine Bauernhochzeit
ist mein
Leben; lass uns hinein!
BARON
Ich bin
verstimmt, was soll ich
bei den
Fröhlichen?
GRAF
(durch die offene Tür
sehend)
Hübsche
Mädchen, hol mich der
Teufel!
Lass uns
ein wenig beiseite
treten.
Zehnter
Auftritt
(Die
Vorigen, Baculus, die
Gäste. Die Gäste
treten
zuerst auf. Baculus,
ihnen das
Geleit
gebend, folgt;
wie er den Grafen sieht,
geht
er schnell zurück
und bleibt
unter der Tür des
Wirtshauses stehen)
LANDLEUTE
Lasset
uns nach Hause gehen,
Nehmet
unsern Dank, Herr Wirt,
Alle
müssen eingestehen,
Ganz
honett hat Er traktiert.
GRAF
(hervortretend)
Guten
Abend, liebe Leute!
LANDLEUTE
Der Herr
Graf! Wie, sehn wir
recht?
GRAF
Wie ich
merke, wurde heute
Hier ein
Fest gefeiert? Sprecht!
LANDLEUTE
Ei, ja
freilich, gnäd’ger Herr!
GRAF
(zum
Baron)
Nun,
gefallen dir die
hübschen Weiber nicht?
BARON
Allerliebst!
GRAF
Von
diesen allen
Keine
dir zum Herzen spricht?
BARON
Finster
ist mein Sinn und trübe,
Die
Erinnrung will nicht
ruhn!
Doch,
mein Bruder, dir
zuliebe,
Will ein
übriges ich tun.
(Er geht
zu den Mädchen
und schäkert
mit ihnen)
GRAF
(für
sich)
Warte,
Schelm, ich will drauf
wetten
Dass
dein Weltschmerz, noch
so gross
Bald
sein Ziel gefunden hat.
(Baculus
ist, während die beiden
abgewendet standen, zu
den Gästen
getreten, ihnen
begreiflich machend,
dass
sie
seine Verlobung nicht
erwähnen möchten)
LANDLEUTE
(unter sich)
Das ist
seltsam in der Tat;
Warum
sollen wir nicht sagen
Dass das
Fest heute ihm gegolten
hat?
Elfter
Auftritt
(Die
Vorigen. Gretchen,
neugierig
aus dem
Wirtshause kommend)
GRETCHEN
Ist der
gnäd’ge Herr noch da?
GRAF,
BARON
Sieh!
Sieh!
Ein
allerliebstes Kind!
Immer
näher, liebe Kleine!
BACULUS
(halblaut)
Aber
Grete
Plagt
dich ganz und gar der
Teufel?
LANDLEUTE
Eifersüchtig ist er,
ohne allen Zweifel
Auf
diese beiden da!
(Baculus
gibt ihnen abermals
pantomimisch zu
verstehen, nicht zu
verraten, dass Grete
seine Braut sei)
GRAF,
BARON
Diese
Augen, diese Wangen
Wecken
Sehnsucht und Verlangen.
Sprich,
wie heisst du, holdes
Mädchen?
GRETCHEN
(eingeschüchtert und
nach Baculus
blickend, der ihr winkt
und droht)
Zu
Befehl, ich heisse
Gretchen.
GRAF
Gretchen!
Allerliebster Name!
BARON
Ja,
fürwahr, so rein
idyllisch
Reizend,
wie das ganze Wesen.
GRAF
Ei, Herr
Bruder, wie mir scheint
So
erwachen deine Triebe
Und der
Weltschmerz weicht.
BARON
Es
geschieht nur dir
zuliebe
Darum
wird mir’s leicht, ganz
leicht!
GRAF
Das ist
wahrlich zum Ergötzen!
Ich muss
lachen
Mich an
seinen Mienen letzen;
Seht den
Schwachen
Der als
hochgepriesner Held
Gleich
der Lieb’ zum Opfer
fällt.
O des
Schwachen!
BARON
Sie ist
wahrlich zum Ergötzen!
Ich muss
wachen
Darf
mich nicht in Glut
versetzen
Mich,
den Schwachen;
Denn
fürwahr, nur wenig
fehlt
Dass
mich heisse Glut
beseelt.
Ich muss
wachen!
GRETCHEN
Er ist
wahrlich zum Ergötzen!
Ich muss
lachen
Mich an
seinen Mienen letzen;
Seht den
Schwachen
Wie die
Eifersucht ihn quält
Kaum,
dass er noch an sich
hält.
O des
Schwachen!
BACULUS
O
Spektakel! O Entsetzen!
Wie sie
lachen,
Sich an
meiner Angst ergötzen!
Solche
Sachen
Muss
erfahren auf der Welt,
Der sich
mit der Liebe quält.
Wie sie
lachen!
LANDLEUTE
Es ist
wahrlich zum Ergötzen!
Man muss
lachen,
Sich an
seinen Mienen letzen;
Seht den
Schwachen,
Wie die
Eifersucht ihn quält,
Kaum,
dass er noch an sich
hält,
Man muss
lachen!
Zwölfter
Auftritt
(Die
Vorigen. Baronin kommt
in
ländlicher Kleidung
aus dem Hause)
BARONIN
Seht, da
bin ich.
LANDLEUTE
Ei, wer
ist das?
Eine
Freundin Eurem Haus?
BARON
(die
Baronin gewahrend)
Abermals
ein reizend Kind!
GRAF
(ebenso)
Abermals
ein reizend Kind!
GRETCHEN
(für
sich)
Allerliebst sieht er
doch aus!
BACULUS
(für
sich)
Blieb er
lieber doch im Haus!
GRAF
(auf die
Baronin zeigend)
Sieh die
Gestalt!
BARON
Sie ist
bezaubernd.
GRAF
Der
frische Teint -
BARON
Die
Rosenlippen -
GRAF
Der Hals
-
BARON
Das Haar
-
GRAF,
BARON
Das
Augenpaar -
Dieser
Adel in den Zügen
Strafet
Lügen ihren Stand.
Mädchen,
sprich, bist du vom
Land?
BARONIN
Bin ein
schlichtes Kind vom
Lande,
Mein
Palast auf grüner Flur
Jene
Hütt’ am Wiesenrande,
Meine
Amme die Natur.
Freue
mich inniglich,
Wenn die
muntern Herden treiben
Auf der
Berge luft’gen Höh’n;
Auf dem
Lande will ich bleiben,
Auf dem
Lande ist’s so schön!
Hörte
viel vom Glanz der
Städte,
Wo man
lebt in Saus und Braus;
Doch die
Sittsamkeit, ich wette,
Ist nur
spärlich dort zu Haus.
Ach,
davon viele schon
Konnten
nicht genug beschreiben!
Nein,
ich mag die Stadt nicht
sehn.
Auf dem
Lande will ich bleiben,
Auf dem
Lande ist’s so schön!
GRAF,
BARON
Solchen
Reiz, ohn’ Übertreiben,
Hab’ ich
niemals noch gesehn.
GRETCHEN, BACULUS
Prächtig
weiss er es zu treiben,
‘s ist
‘ne Lust, ihn anzusehn.
LANDLEUTE
Auf dem
Lande ist’s so schön!
Dreizehnter Auftritt
(Die
Vorigen. Die Jäger
treten
aus dem
Wirtshause)
JÄGER
Es lässt
am Himmel sich
Ein
Ungewitter blicken;
Befehlen
der Herr Graf
Dass wir
den Wagen schicken?
GRAF
Vortrefflich!
Geht
allein!
Ich bleibe!
BARON
Du
vergisst, es lud die
Gräfin
Zur
Vorlesung uns ein.
GRAF
Verwünscht! Doch hast du
recht.
Mir
Beifall zu erzielen
Will
heute abend ich
Mal den
Soliden spielen.
(zu
den Landleuten)
Doch
morgen, morgen, zu
meinem Wiegenfeste
Lad’ ich
euch alle ein, traktiere
euch aufs beste!
Seid
alle meine Gäste!
Bei
Gläserklang, bei Tanz
und Gesang
Mögt ihr
dann ermessen und nimmer
vergessen
Wie
huldvoll gesinnt stets
euer gnäd’ger Herr.
LANDLEUTE, JÄGER
(sich
freudig bedankend)
Doch
morgen, morgen zu seinem
Wiegenfeste
Läd’t er
uns alle ein, traktieret
uns aufs beste!
Wir all
sind seine Gäste!
Bei
Gläserklang, bei Tanz
und Gesang
Da
woll’n wir ermessen
und
nimmer vergessen
Wie
huldvoll gesinnt stets
unser gnäd’ger Herr.
GRAF
Diese
Holde dort zu sehen
Und zu
sprechen sie allein
Mich im
Tanz mit ihr zu drehen
Soll mir
eine Wonne sein.
Eurer
Wohlfahrt nur zu leben
Ist mein
Trachten, mein
Bestreben
Wird
stets meine Sorge sein!
BARON
Ja, ich
muss die Holde sehen
Und sie
sprechen ganz allein;
Weiss
nicht, wie mir ist
geschehen
Wunderbar nimmt sie mich
ein.
Möglich,
dass dies Mädchen eben
Krönet
meiner Wünsche Streben
Und mir
dann versüsst des herben
Lebens Pein!
BARONIN
Diesen
Herrn, ich muss
gestehen
Flösste
schnell ich Neigung ein;
So
bewundert mich zu sehen
Darf mir
schmeichelhaft nur sein.
Gar zu
klar ist ihr Bestreben
Ihre
Liebe mir zu weihn!
GRETCHEN
Dürft’
ich nur mit ihnen gehen
Auch
mich dem Vergnügen
weihn
Mich im
Tanz mit ihnen drehen!
Leider
wird es anders sein.
Während
sie der Lust ergeben
Soll ich
still und einsam leben
Und darf
mich nicht mit andern
freun.
BACULUS
(zu
Gretchen)
Gib nur
acht, du wirst es sehen
Mit der
List, so schlau und
fein
Wird es
ganz vortrefflich gehen
Und der
Herr wird mir verzeihn.
Du wirst
mir dein Händchen geben
Uns
winkt dann ein
Götterleben
Und bald
ist versüsst uns die
erlittne Pein!
LANDLEUTE UND JÄGER
Lasst
uns froh das Fest
begehen
Und uns
ganz der Freude weihn;
Alle
will er uns dort sehen
Alle
finden wir uns ein.
Lasst
dann beim Saft der Reben
Hoch, ja
hoch den Herren leben
Und uns
seiner Gnade freun!
(Baculus
führt Gretchen,
die sich
sträubt, ins Haus)
GRAF
(zur
Baronin)
Du
wirst, mein schönes
Kind,
Doch
auch beim Fest
erscheinen?
BARONIN
Wenn es
der Herr vergönnt -
GRAF
Ei ja,
das will ich meinen.
Wo ist
die andre Kleine,
Das
hübsche Mädchen,
sprecht?
Auch sie
darf mir nicht fehlen.
BACULUS
(für
sich)
Du kämst
mir grade recht!
GRAF
(dreht
sich und sieht Baculus)
Irr’ ich
mich nicht,
so ist
dies Gesicht
Des
Schulmeisters, der auch
Rehböcke
schiesst.
BACULUS
Gnade,
Herr Graf!
GRAF
Hinweg
mit Ihm!
BACULUS
Es tut
mir leid -
GRAF
Hinweg
mit Ihm!
Er kennt
den Bescheid.
LANDLEUTE
Ei,
warum
zürnt der gnäd’ge Herr?
BARONIN
(leise
zu Baculus)
Stell Er
mich dem Grafen vor.
BACULUS
Er sieht
doch wohl, dass es nicht
geht,
Wenn
meine Braut daneben
steht.
GRAF
Ihr
Freunde, denn auf
Wiedersehen
Bei
Tanz, Gesang und Spiel;
Der
Morgen bringet Freud’
und Lust,
Vom
Morgen hoff’ ich viel!
GRAF,
BARON, BARONIN, BACULUS
(mit
Bezug)
Vom
Morgen hoff’ ich viel!
GRAF
Diese
Holde dort zu sehen usw.
BARON
Ja, ich
muss die Holde sehen
usw.
BARONIN
Diesen
Herrn, ich muss
gestehen, usw.
GRETCHEN
(am
Fenster)
Dürft
ich nur
mit ihnen gehen usw.
BACULUS
Gib nur
acht, du wirst es sehen,
usw.
LANDLEUTE UND JÄGER
Lasst
uns froh das Fest
begehen usw.
ZWEITER
AUFZUG
(Eleganter Salon. Mit zwei
Mitteltüren. Rechts
eine
Seitentür, links
ein Fenster. In der
Mitte
der Bühne, jedoch mehr
nach hinten zu, steht
ein Billard. Zwischen den
beiden Mitteltüren
an
der Wand befindet sich das
Regal mit den
Queues
usw., über dem
Billard hängt eine
elegante brennende Lampe,
welche mittels
eines
Schiebers ausgelöscht
werden kann.
Es ist
gegen Abend)
Erster
Auftritt
(Pancratius sitzt vor der
offenen Tür
rechts, hinter
ihm die Dienerschaft des
Schlosses: Bediente,
Köche, Jäger,
Mädchen usw.
Einige von ihnen sind
eingeschlafen. Später
Baculus)
PANCRATIUS,
DIENERCHOR
Nicht
geplaudert! Acht
gegeben!
Alles
schärfe Sinn und Ohr!
St!
Denn es
kommt in unserm Leben
So etwas
nicht wieder vor.
DIENER
Die Frau
Gräfin liest
vortrefflich,
Unnachahmlich,
wunderschön,
Tränen
möchte man vergiessen -
Schade,
dass wir’s nicht
verstehn!
Schade!
BACULUS
(tritt
mit Reverenzen ein,
laut)
Darf ich
untertänigst wagen -
ALLE
(drehen
die Köpfe, ihm Ruhe
gebietend)
Nicht
geplaudert! Stille!
Stille!
GRÄFIN
(liest
im Kabinett)
»Dann
lernt er wohl noch weise
zu werden im Alter!«
PANCRATIUS
(nach
einer Pause die Tür
schliessend)
Die Frau
Gräfin ist zu Ende.
(Zur
Dienerschaft, die sich
erhebt)
Trollt
euch leise und behende.
Nun, was
sagt ihr? Nun, was meint
ihr?
Nun, wie
ist euch? Wie?
CHOR
Die Frau
Gräfin liest
vortrefflich, usw.
(Allmählich entfernen
sich alle
bis auf Baculus
und Pancratius)
Zweiter
Auftritt
(Baculus.
Pancratius)
BACULUS
(der an
der Tür stehen
geblieben, kommt
vor)
Aber was
hat denn das zu
bedeuten, Herr
Pancratius?
Weder im
Hofe, noch auf der
Treppe, noch im
Vorzimmer eine
menschliche Seele. -
PANCRATIUS
Weil
alles bei der Vorlesung
versammelt war,
wie
närr’sch.
BACULUS
Vorlesung?
PANCRATIUS
Unsre
gnädige Frau Gräfin
nämlich - wie denn
jeder
Mensch sein närr’schen
Einfälle hat –
will mit
aller Gewalt Komödie
spielen, wie närr’sch.
Und das
wäre auch ganz hübsch,
wenn sie nur
recht
spassige Stücke wählte,
wobei man
lachen
könnte; aber so hat sie
sich ganz alte
Komödienbücher aus der
Stadt mitgebracht, die
man gar
nicht versteht,
wenn sie
gelesen werden; und wenn
man nicht
versteht, was die Leute
wollen, kann man doch
nicht
lachen, und bei jeder
Komödie muss doch
gelacht
werden, wie närr’sch.
BACULUS
Je nun,
mein lieber Herr
Pancratius, es gibt wohl
auch
ernste Komödien. Mir zum
Beispiel hat der
Graf
heute eine vorgespielt,
bei der ich eher hätte
in
Tränen zerfliessen
mögen.
PANCRATIUS
Ich
wüsste etwas, wodurch
Ihr die Frau Gräfin
gewinnen
könntet.
BACULUS
Heraus
damit.
PANCRATIUS
Kennt
Ihr den Sophoklex?
BACULUS
Den
Sophoklex?
PANCRATIUS
Das ist
nämlich der Poet, der
die Komödie
gemacht
hat – vor langer Zeit -
BACULUS
So? Ich
habe noch nichts von ihm
gehört.
PANCRATIUS
Ich höre
die Frau Gräfin. - Kommt
mit hinunter,
Ihr
müsst mir etwas davon
erzählen.
BACULUS
Wenn ich
ihn aber doch nicht
kenne!
(Beide
ab)
Dritter
Auftritt
(Gräfin
und Baron im Gespräch
aus der
Seitentür tretend)
GRÄFIN
Nein,
nein, Herr Stallmeister,
Sie sind
nicht recht im klaren.
Erst
nachdem Ödipus König von
Thebä geworden,
ermählte
er sich mit Jokaste,
der
Tochter des Menökeus.
BARON
Sie
mögen recht haben, Frau
Gräfin. Doch
entschuldigen Sie mich,
wenn ich
Sie jetzt verlasse,
eine
plötzliche Migräne
verhindert mich,
klar zu
denken.
GRÄFIN
Ei, ei,
Herr Stallmeister,
gestehen Sie vielmehr,
dass Sie
heute für die hehre
Sage des
griechischen
Altertums ganz
unempfänglich sind.
BARON
(für
sich)
Meine
Frau Schwester setzt mir
Daumschrauben
an; ich
kann ihr doch unmöglich
sagen, dass ich
mich in
ein Bauernmädchen
verliebt habe.
GRÄFIN
Sie
schweigen? Hab’ ich’s
erraten?
BARON
Schöne
Gräfin, Sie martern
mich. So hören Sie
denn ein
Geständnis, welches
schon lange auf
meinen
Lippen schwebt.
GRÄFIN
(beiseite)
Was
werde ich hören?
BARON
Nach
manchen Stürmen des
Lebens glaubte ich
hier
endlich unter edlen
Menschen
eine Freistatt
gefunden
zu haben -
zu meinem
Unglück fand ich
nicht
bloss Edelmut –
auch die
höchste
Liebenswürdigkeit.
GRÄFIN
Herr
Stallmeister, Sie
vergessen -
BARON
Sie
haben recht, ich bin
strafbar
und ich
bin nur ein schwacher
Mensch.
GRÄFIN
(rezitierend)
»Vieles
Gewaltige lebt, doch
nichts ist gewaltiger
als der
Mensch -« Sie sind ein
Mann von Erziehung;
ich
weiss das zu schätzen,
und darum habe
ich Sie
ausgezeichnet. Sie mögen
bleiben –
»nicht
mitzuhassen pfleg’ ich,
mitzulieben nur«.
(Reicht
ihm die Hand zum Kuss)
BARON
(schnell)
Mitzulieben?
GRÄFIN
So sagt
Antigone. Sie sollen
bleiben.
BARON
(küsst
ihr die Hand)
O
himmlische Güte! Wohlan,
ich will versuchen,
den
Kampf zu bestehen, aber
ich werde unterliegen.
Duetto e
Cavatina
BARON
Bleiben
soll ich und stets sie
sehen,
Für die
mein liebend Herz
erglüht!
Werd’
ich vor Schmerzen nicht
vergehen,
Wenn
keine Hoffnung mir
erblüht?
Bei
Gott, viel lieber
stürzte ich,
Gleich
jener Sphinx,
vom
Felsen mich.
GRÄFIN
(beiseite)
Oh, er
spricht gut, oh, er
spricht gut!
Doch
wenn mein Gemahl es
hörte,
Drohte
sicher ihm Gefahr!
BARON
(beiseite)
Das
Gesicht nur will ich
sehen,
Wenn es
später ihr wird klar,
Dass,
der schmachtend sie
verehrte,
Ihr
leibhafter Bruder war!
GRÄFIN
Oh, er
spricht gut, sehr gut,
sehr gut!
BARON
(zu ihr)
Schweigen soll ich, wenn
bittre Leiden
Mir
trüben den sonst heitern
Blick,
Wenn
dieses Lebens schönste
Freuden
Sich
wenden scheu von mir
zurück!
Wenn
diese Brust presst
süsses Weh,
Wie
Hämon um Antigone?
BARONIN
(hinter
der Szene)
Auf dem
Lande will ich bleiben,
Auf dem
Lande ist’s so schön!
GRÄFIN
(beiseite)
Oh, er
spricht gut, sehr gut!
BARON
(beiseite)
Was ist
das?
(stutzt
und horcht auf)
Welche
Stimme!
BARONIN
Auf dem
Lande will ich bleiben!
BARON
(Für sich)
‘s ist
der nämliche Gesang,
Der von
jenen schönen Lippen
Mächtig
mir zum Herzen drang!
(laut)
Mich
fasst der Schmerz, ich
kann’s nicht tragen,
In ihrer
Näh’ nicht ferner sein;
Den
Abendlüften will ich
klagen
Meines
Herzens herbe Pein.
Ich
kann’s nicht tragen!
BARONIN
Auf dem
Lande ist’s so schön!
BARON
(nach
dem Fenster lauschend)
Aus dem
Parke erklingen
liebliche Töne,
Ja, sie
ist es selbst, die
ländliche Schöne!
Ich will
sie sehen, ihr Liebe
gestehen,
In Wonne
vergehen und seliger
Lust,
Wenn mir
es gelinget, ihr Herz zu
gewinnen!
Sie ist
meiner wert, ich täusche
mich nicht,
Nein,
nein! Ich werde
glücklich sein!
(sich
plötzlich wieder zur
Gräfin
wendend, die ihn
erstaunt betrachtet)
Ja, den
Lüften will ich klagen
Meines
Busens herbe Pein.
BARONIN
Auf dem
Lande ist’s so schön!
BARON
Aus dem
Park erklingen die
lieblichen Töne, usw.
(zur
Gräfin)
Ach,
ach!
(beiseite)
Ich
werde glücklich sein.
(stürzt
ab)
Vierter
Auftritt
(Gräfin
allein)
GRÄFIN
Der
junge Mann macht mir
Angst; entweder ist
er
krank, oder seine
Leidenschaft für mich
ist
wirklich
der Art, dass –
(sie
tritt unwillkürlich vor den
Spiegel)
Fünfter
Auftritt
(Gräfin.
Pancratius)
PANCRATIUS
Frau
Gräfin,
ich habe
untertänigst zu melden,
dass -
GRÄFIN
Was gibt
es Neues?
Wo ist
mein Gemahl?
PANCRATIUS
Der Herr
Gemahl sind auf Ihrem
Zimmer.
GRÄFIN
Ich
lasse ihn bitten, wenn
er ausgeruht,
zu mir
zu kommen.
PANCRATIUS
Ganz
wohl, Frau Gräfin.
GRÄFIN
Ist für
den morgenden Tag alles
geordnet?
PANCRATIUS
Alles,
wie närr’sch; nur mit
einem bin ich in
Schwulität.
GRÄFIN
Schwulität?
PANCRATIUS
Die
Musikanten, welche wir
aus der Stadt
verschrieben, haben
absagen lassen.
GRÄFIN
O weh
mir! Was beginnen wir
nun?
PANCRATIUS
Ich
wollte Euer Gnaden eben
einen untertänigen
Vorschlag machen: mein
Gevatter,
der
Schulmeister Baculus,
ein äusserst gelehrter
Mann, ist da.
Er spielt
das Klavier, wie
närr’sch,
und würde sich eine
Ehre daraus machen.
GRÄFIN
Das
liesse sich hören. Der
Mann ist hier?
PANCRATIUS
Im
Vorzimmer, wie närr’sch;
er hat ausserdem
Euer
Gnaden eine Bitte
vorzutragen.
GRÄFIN
So lass
Er ihn eintreten. Noch
eins: hat Er den
Herrn
Stallmeister gesehen?
PANCRATIUS
Er lief
soeben in den Park
hinunter, wie närr’sch.
Die
Vorlesung von Euer
Gnaden muss
ihn
gewaltig ergriffen
haben.
GRÄFIN
Meint
Er?
(selbstgefällig)
Herein
mit dem Schulmeister.
PANCRATIUS
(verbeugt sich und lässt
Baculus
eintreten)
Nur
herein, Herr Baculus,
die
gnädige Frau will die
Gnade haben.
(ab)
Sechster
Auftritt
(Gräfin.
Baculus)
BACULUS
(hat den
Zettel in den Hut gelegt
und
hineingesehen,
deklamierend)
»Strahl
der Sonne, du schönstes
Licht,
Das je
dieses Thebanervolks -«
GRÄFIN
(erstaunt)
Was höre
ich?
BACULUS
(fortfahrend, nachdem er
jedesmal in den
Hut gesehen)
»Siebentoriger Stadt
erschien!«
GRÄFIN
Sie
überraschen mich; also
kennen Sie dies
erhabene
Gedicht des grauen
Altertums?
BACULUS
Durch
und durch, Eure
gräflichen Gnaden, durch
und
durch.
GRÄFIN
(setzt
sich)
Oh, Sie
entzücken mich, nehmen
Sie Platz!
BACULUS
(setzt
sich)
Wenn ich
es wagen dürfte -
GRÄFIN
Wie
freut es mich, einen
Lehrer
vor mir
zu sehen,
der die
alten Meisterwerke kennt
und schätzt.
Leider
wird dieser Zweig der
Wissenschaft in den
Schulen
so gänzlich
vernachlässigt.
BACULUS
Oh, es
ist abscheulich; aber
ich versichere Euer
Gnaden,
dass in meiner Schule -
GRÄFIN
Wie, Sie
kultivieren diese
Wissenschaft?
BACULUS
Tagtäglich. Morgens Abc,
nachmittags Sophokles.
GRÄFIN
Oh, Sie
sind mir von Gott
gesendet!
BACULUS
Wenn ich
eine untertänige Bitte -
GRÄFIN
So sind
Sie ohne Zweifel auch
vertraut mit der
Einrichtung der
griechischen
Schaubühne?
BACULUS
(beiseite)
O weh!
(Zu Gräfin)
Laut. Ich habe zwar noch
keine gesehen,
aber
doch viel davon gehört -
GRÄFIN
Und
gelesen?
BACULUS
Versteht
sich, gelesen.
GRÄFIN
Herrlich! Also Ihre
Meinung? Ich bin nämlich
wegen
des Arrangements der
Bühne zur
Vorstellung, welche zu
Ehren des Grafen morgen
abend
stattfindet, noch etwas
im Zweifel. Stand
der
Altar mehr nach hinten
oder in
der Mitte der Orchestra?
BACULUS
(konfus)
Wo drin?
GRÄFIN
Ich
frage Sie, ob der Altar
des Bacchus
in der
Mitte stand?
BACULUS
Wahrscheinlich;
allerdings.
Ich
würde ihn jedenfalls in
die Mitte setzen.
GRÄFIN
Ganz
meine Ansicht. Und -
nicht wahr –
drei
Türen im Hintergrunde?
BACULUS
Versteht
sich, auch in di e
Mitte.
GRÄFIN
Wie? Die
Seitentüren auch?
BACULUS
Alles in
die Mitte, das ist
altgriechisch.
GRÄFIN
(beiseite)
Der
Mann ist wirklich
nicht uninteressant.
(laut)
Nun aber
ein Übelstand:
wir
haben keinen Chor.
BACULUS
Wenn ich
untertänigst meine
Schuljugend
offerieren dürfte -
GRÄFIN
Sie
scherzen - Kinder!
BACULUS
Es
befinden sich schon
passable
Pflanzen
darunter.
GRÄFIN
So sind
ihnen doch immer
diese
Chöre unbekannt.
Wie
erhebend ist gleich der
erste: »Strahl der
Sonne,
du schönstes Licht« und
so weiter.
BACULUS
Vielleicht liesse sich
statt dessen
der
schöne Choral verwenden:
»Wie
schön leucht’t uns der
Morgenstern. «
GRÄFIN
Doch
wohl nicht, Herr
Schulmeister;
Ich
hoffe, durch diese
Vorstellung
den
Grafen ganz für die
griechische
Tragödie
zu gewinnen.
BACULUS
(hat in
den Hut gesehen)
»Dann
lernt er wohl noch weise
zu werden im
Alter.«
GRÄFIN
Gar
nicht übel!
(Beiseite)
Der Mann hat auch
Witz.
BACULUS
Wenn ich
es jetzt wagen dürfte,
Euer Gnaden
Gnade in
Anspruch zu nehmen, so -
Siebenter Auftritt
(Die
Vorigen. Graf)
Quintett
GRAF
(Baculus
erblickend)
Was seh’
ich?
Mir aus
den Augen!
Diese
Kühnheit geht zu weit!
Soll ich
Gewalt noch gebrauchen?
BACULUS
(ist
aufgesprungen)
Ach,
gnäd’ger Herr,
Barmherzigkeit!
GRÄFIN
Diesen
Mann so zu beleid’gen!
Ich bin
starr!
GRAF
Dieser
Mann ist nicht zu
verteid’gen.
BACULUS
Hören
Sie mich ruhig an.
GRAF
Er ist
ein Wilddieb!
BACULUS
Oh, ich
bitte!
GRÄFIN
Er, ein
Wilddieb?
GRAF
Darum
eben
Finde
ein Exempel statt.
BACULUS
Jeder
Mensch in seinem Leben
Mal ‘nen
Bock geschossen hat.
GRÄFIN
Und mir
gestand er frei,
Dass er
Schulmeister sei.
GRAF
Das ist
er auch.
BACULUS
Das bin
ich auch.
GRÄFIN
Und
Gnade er begehrt?
GRAF
Nein, es
soll ihm nicht gelingen,
Sich
Gnade zu erzwingen.
Drum
möge Strenge walten;
Mein
Wort, ich werd’ es
halten.
(Geht in
den Hintergrund; die
Gräfin,
ihn
besänftigend, ihm nach)
BACULUS
(für
sich)
Meine
Weisheit ist zu Ende;
Helfen
muss nun der Studente,
Denn es
scheint, bei dem Prozess
Hilft
mir nichts der
Sophokles.
(geht an
das Fenster und ruft
hinunter)
Studente, herauf!
Studente, herauf! -
(vom
Fenster weggehend)
Denn
kann der sein Herz nicht
rühren,
Darf ich
getrost das Bündel
schnüren.
GRAF
(vortretend)
Fort!
Ich will nichts weiter
hören,
Fühle
meines Willens Kraft;
Mir das
Jagdvergnügen stören,
Bleibet
nimmer ungestraft.
GRÄFIN
Er will
nichts von Gnade hören,
Allzusehr tobt
Leidenschaft;
Ihm das
Jagdvergnügen stören,
Bleibet
nimmer ungestraft.
BACULUS
Er will
nichts von Gnade hören,
Allzusehr tobt
Leidenschaft;
Doch ich
hoffe zu zerstören
Seines
starren Willens Kraft.
Achter
Auftritt
(Die
Vorigen. Baron)
BARON
Ich
höre, dass hier oben
Sich ein
Streit erhoben.
Man rief
aus jenem Fenster.
Was -
konnt’ ich nicht
verstehn.
GRAF
Man rief
aus jenem Fenster?
Herr,
was fällt Ihnen ein?
Sie
träumten wohl
Gespenster?
BARON
Ich
träumte wachend, ja,
Ich will
es eingestehn, Von
Wünschen,
die
vielleicht Nie in
Erfüllung gehn.
GRÄFIN
(für
sich)
Er
träumt’ von mir, von
seiner Schönen,
Vergehet
schier vor Liebessehnen,
Gestehet
frei, ohn’ alle Scheu,
Dass er
verliebet sei;
Doch in
wen, darf er nicht
eingestehn.
GRAF
(beiseite)
Er
träumt’ von ihr, der
holden Schönen,
Vergehet
schier vor Liebessehnen,
Gesteht
frei, ohn’ alle Scheu
Dass er
verliebet sei;
Doch in
wen, darf er nicht
eingestehn.
BARON
(beiseite)
Ich
sprach mit ihr, der
holden Schönen,
Vergehe
schier vor Liebessehnen,
Gestände
frei, ohn’ alle Scheu,
Dass ich
verliebt aufs neu’;
Doch in
wen, darf ich nicht
eingestehn.
BACULUS
(für
sich)
Wär’ ich
bei ihr, bei meiner
Schönen!
Doch
nichts hilft mir mein
Liebesstöhnen
Die
Schelmerei quält mich
aufs neu’;
Vor
Angst werd’ ich dabei,
Noch
vergehn, das darf ich
eingestehn.
Neunter
Auftritt
(Die
Vorigen. Baronin,
schüchtern eintretend)
GRAF
Wen seh’
ich?
BARON
(beiseite)
Was will
sie hier?
GRAF
Es ist
das schöne Kind vom
Lande!
GRÄFIN
Was
willst du, liebes Kind?
BARONIN
Ach, Sie
verzeihn,
Dass ich
so frei hier trete ein;
Ich
komm’, für meinen
Bräutigam
Zu
bitten beim Herrn
Grafen.
GRAF,
BARON
(schnell)
Du
wärest Braut?
BARONIN
Ach ja,
zu dienen.
GRÄFIN
Ei,
meine Herrn, missfällt
das Ihnen?
BARONIN
Nun sagt
man von dem gnäd’gen
Herrn,
Er säh’
die hübschen Mädchen
gern -
GRÄFIN
Ei, ei!
GRAF
Wer sagt
das?
BARONIN
Alle
Welt!
GRAF
Sieh,
wie mich die zum Narren
hält.
BARONIN
Der Herr
will ohne Fragen
(auf
Baculus zeigend)
Ihn nun
vom Amte jagen.
GRAF,
BARON
(überrascht)
Wer ist
der Bräutigam?
BARONIN
Der!
GRAF
Der?
BARON
Der?
GRÄFIN
Der?
GRAF,
BARON
GRÄFIN, BARONIN
Der?!
BACULUS
(beiseite)
Darüber
wundern sie sich sehr.
GRAF,
BARON
(Fra
sich)
Nein, es
ist kaum zu glauben,
Dass
dieses Monstrum hier
Imstande
wär’, zu rauben
Der
Mädchen schönste Zier!
Und
diese Rosenwangen,
Sie
sollten vor Verlangen
Für
diesen Alten glühn?
Erdrosseln möcht’ ich
ihn!
GRÄFIN
Was soll
ich davon glauben?
Die
Nachricht scheinet mir
Die
Laune schnell zu rauben
Dem
Herrn Gemahle hier.
Dass
diese Rosenwangen
In
bräutlichem Verlangen
Für
einen, Alten glühn -
Fürwahr,
das ärgert ihn.
BARONIN
Sie
scheinen nicht zu
glauben,
Dass
dieser Alte hier
Imstande
wär’ zu rauben
Des
Herzens Neigung mir.
Vor
heimlichem Verlangen
Erglühen
ihre Wangen,
Es
möchten beide kühn
Erdrosseln lieber ihn.
BACULUS
Man
sollte es nicht glauben,
Dass der
Studente hier
Imstand
wär’, so zu schrauben
Die
beiden Herren hier.
Wüsst’
ihr, nach welchen Wangen
Ihr
traget solch Verlangen,
So würde
eure Mien’
Gewaltig
sich verziehn.
GRÄFIN
Der Herr
wird gnädig sein!
Doch
habt Ihr falsch
vertraut,
Wenn Ihr
der Meinung seid,
Dass er
Euch nur verzeiht,
Weil
schön ist Eure Braut.
GRAF
Das
mein’ ich auch.
GRÄFIN
Beweis,
dass Ihr den
Herrn
nicht kennt.
BACULUS
Die
Leute sagten so,
Da
meinte der Student -
GRÄFIN,
GRAF, BARON
Student?
Student?
BACULUS
(sich
verbessernd)
Mein
Vetter, wollt’ ich
sagen.
BARONIN
Schwatzt
nicht so dummes Zeug.
Schweigt
lieber!
GRÄFIN
Student?
Student?
GRAF,
BARON
(Für
sich)
Vergiften möchte ich den
Alten auf der Stelle
BACULUS
Mein
Vetter!
GRÄFIN
(den
Grafen und Baron
beobachtend)
Wie
Verdruss sich malt in
ihren Zügen!
(Baronin
macht währenddessen
Baculus
leise Vorwürfe)
GRÄFIN
Wie?
Zank? Ich will nicht
hoffen -
Geschwind, geschwind,
vertragt euch!
GRAF,
BARON
(zur
Gräfin)
Die
Leute sind betroffen!
GRÄFIN
Versöhnung! Umarmt euch!
BARONIN
Ach, das
ist gar nicht nötig.
GRAF
(zur
Gräfin)
Es
schämen sich die Leute.
BARON
(ebenso)
Ja
wahrlich, sie genieren
sich.
BACULUS
Ich bin
dazu erbötig.
BARONIN
(für
sich)
Gott,
was beginn’ ich nur!
BARON
Boshafte
Kreatur!
GRAF
(für
sich)
Mich
ärgern will sie nur.
GRÄFIN
Ein
Kuss! Gleich auf der
Stelle!
GRAF,
BARON
(Für
sich)
Oh, wär’
er in der Hölle!
BACULUS
(zur
Baronin)
So komm
Er einmal her!
GRÄFIN,
GRAF, BARON
Er! Er!
Was soll das heissen?
Ist er
verrückt?
Was soll
zur Unzeit dieser
Scherz?
BARONIN
Der
Tölpel! Der Tölpel!
BACULUS
(verbessernd)
Ein
Scherz, ein Scherz!
Es war
ein gar unschuld’ger
Scherz!
BARONIN
(beiseite sich drein
ergebend)
In
Gottes Namen denn,
Die
Augen zugedrückt!
(Baculus
gibt ihr einen derben
Schmatz.
Graf und
Baron stampfen vor Wut
mit
den
Füssen)
GRÄFIN
Was soll
ich davon glauben, usw.
GRAF,
BARON
Nein, es
ist kaum zu glauben,
usw.
BARONIN
Sie
scheinen nicht zu
glauben, usw.
BACULUS
Man
sollte es nicht glauben,
usw.
(Der
Graf führt die Gräfin in
den
Speisesaal)
Zehnter
Auftritt
(Baronin.
Baron. Baculus)
BACULUS
(beiseite)
Die
Herrschaften gehn,
und ich
bin wegen meiner
Angelegenheit
immer
noch nicht im klaren.
BARONIN
(beiseite)
Der Mann
durchbohrt mich fast mit
seinen Blicken.
BARON
(der
folgen wollte, kehrt um, für
sich)
Ich kann
mich von dem holden
Geschöpf
nicht
trennen.
(Laut)
Schönes
Kind, ich bedauere
dich von
Herzen!
BARONIN
Ei,
warum denn das?
BARON
Stell
dich so einfältig, wie
du willst; dein Auge
sprüht
Geist und klagt nur
deine Erziehung an.
BARONIN
Ich
verstehe den Herrn
nicht.
BARON
Bekenn
es nur, du wirst nicht
glücklich mit diesem
Manne,
du kannst nicht
glücklich mit ihm
werden.
BARONIN
Man muss
sich in sein Schicksal
finden.
BACULUS
(beiseite)
Der
beisst an; hähähä!
Der
wird sich wundern!
Elfter
Auftritt
(Die
Vorigen. Pancratius, aus dem
Speisesaal)
PANCRATIUS
Der Herr
Stallmeister möchten
zu
der Abendtafel kommen.
Die
Herrschaften warten, wie
närr’sch.
BARON
Ich habe
keinen Appetit, ich bin
unwohl.
BACULUS
Schade,
dass die Einladung nicht
an mich
gerichtet ist, mein
Appetit ist grenzenlos.
(Will
gehen)
BARONIN
Er will
mich allein lassen?
BACULUS
I was,
der Herr bleibt ja.
BARONIN
(leise)
Eben
deswegen soll Er
dableiben.
BACULUS
Zier Er
sich doch nicht. Ich
habe Hunger,
und da der Herr
Graf so zuvorkommend ist
-
BARON
Versteht
sich, drum geh
Er
getrost; Seine Braut ist
in den
besten Händen.
BACULUS
Meine
Braut? Ja so.
BARONIN
So geh
Er, aber lass Er mich
nicht lange warten!
BACULUS
Nun,
Herr Stallmeister, gute
Unterhaltung;
meinetwegen braucht
Er sich
keinen Zwang anzutun;
ich bin
nicht eifersüchtig,
hähähä!
(Baron
und Baronin gehen im
Gespräch in den
Hintergrund)
Zwölfter
Auftritt
(Baronin.
Baron)
BARON
(sie
vorführend)
Nun höre
mich an, Gretchen; wir
wurden vorhin
gestört.
Ich bin Witwer,
wohlhabend. Mit vieler
Überlegung wählte ich
mir eine Frau und war
unglücklich. Als sie
starb, wollte ich nie
wieder
heiraten. Ich führte
monatelang ein
qualvolles
Leben,
der Weltschmerz erfasste
mich, und ich
wollte
mich bereits erschiessen
- ich habe mich
nicht
erschossen.
BARONIN
Das seh’
ich.
BARON
Oh, es
kann noch dahin kommen!
BARONIN
Das
verhüte Gott!
BARON
Kurz,
Gretchen, als ich dich
erblickte, da war
mir’s,
wenngleich meine Augen
dich zum ersten
Male
sahen, als hätte dich
mein Herz schon längst
gekannt;
mein Schmerz wurde
milder, und plötzlich
stand es
fest vor meiner Seele:
diese wird mein
Weib!
Duetto
BARONIN
Ihr
Weib?
BARON
Mein
teures Weib!
BARONIN
Das wäre
viel Ehre
Für
mich, doch gehet das
nicht an;
In
unserm Dorf hat jede
Frau
Nicht
mehr als einen Mann.
BARON
Noch
bist du frei.
BARONIN
Nicht
frei, ich bin
versprochen.
BARON
Entsage
jenem Band.
BARONIN
Das wäre
Treu’ gebrochen.
BARON
Gesetzt,
dein Bräutigam tritt
dich
Mir ab,
wärst du dagegen?
BARONIN
Der Herr
ist viel zu vornehm mir.
BARON
Lass,
Holde, dich bewegen!
Reich
bin ich auch und vornehm
-
BARONIN
Auch?
BARON
Vielleicht;
Doch
soll dich das nicht
blenden
Von
meiner Lieb’ allein -
BARONIN
Ach so -
BARON
Lass
mich vollenden.
Von
meiner heissen Lieb’
allein
Red’ ich
zu deinem Herzen.
Wirst du
noch ferner grausam
sein,
Erwachen
alle Schmerzen
Aufs neu
in mir!
Nicht
trag’ ich mehr dies
Leben; preisgegeben
Fühl’
ich mich der
Verzweiflung wieder;
Ein
tötend Gift oder Blei,
einerlei,
Gift
oder Blei, was es auch
sei,
Soll mir
willkommen sein,
Zu enden
meine Pein.
BARONIN
Ach
Gott, das wär’ doch
schade
Um ein
so junges Leben.
Mich
jammert Ihre Lage,
Doch hat
es keine Not,
Vor
Liebe heutzutage
Schiesst
keiner sich mehr tot.
BEIDE
(für
sich)
Ist sein
/ ihr Plan, mich zu
necken,
abzuschrecken?
Fühlt
sein / ihr Herz wirklich
Liebe, wahre
Triebe?
Ei, das
schmeichelte mir sehr,
ja wahrhaftig!
Zwar
gelobt ich hoch und
teuer,
Mich an
Hymens heil’gem Feuer
Zu
erwärmen nimmermehr;
Doch man
müsste es probieren
Und noch
einmal es riskieren,
Vielleicht wird ein
dauernd Glück erreicht.
-
BARON
So
zweifelst du an meinem
Wort?
BARONIN
Ich
bitte, lassen Sie mich
fort.
BARON
Sei
offen, Kind, missfall’
ich dir?
BARONIN
Davon
ist keine Rede hier.
BARON
Bin ich
so hässlich?
BARONIN
Nein!
BARON
Dir ganz
zuwider?
BARONIN
Sie sind
so ernst.
BARON
Das
macht der Schmerz;
Soll
mein Benehmen anders
sein?
BARONIN
‘s ist
etwas wild.
BARON
Das
macht der Schmerz.
Ich bin
ein Mensch voll lauter
Schmerz,
Bis ich
erzwungen hab’ ein Herz,
Das mich
dem Dasein wiedergibt,
Das mich
versteht, das mich
liebt.
BARONIN
Ich
zweifle fast, dass ich
es kann,
Sie
armer, schmerzensreicher
Mann.
BARON
Wohlan,
du willst nicht, dass
ich lebe?
BARONIN
Ach
Gott, es fällt mir gar
nicht ein.
BARON
Wohlan,
der Tod, er ende meine
Pein!
(Geht
bis zur Tür und
wendet